Im aktuellen bionetz.ch-Gastkommentar nimmt Urs Brändli (Präsident Bio Suisse) zu aktuellen Herausforderungen der Schweizer Biolandwirtschaft und damit der Bio Suisse Stellung. Gleichzeitig erläutert er die neutrale, aber dennoch kooperative Haltung des Bio Suisse-Vorstands zu den aktuellen Landwirtschaftsinitiativen. Diese an der Bio Suisse-Delegiertenversammlung vom 16.04. 2014 kontrovers und vielfältig diskutierte Positionierung wurde schlussendlich durch eine deutliche Mehrheit bestärkt.

In den Schweizer Fliessgewässern lässt sich ein Giftcocktail von über 100 Pestiziden nachweisen. Das zeigt eine neue Studie des international renommierten Wasserforschungsinstituts Eawag. Problematisch ist dabei nicht nur, dass für 31 Substanzen der Grenzwert der Gewässerschutzverordnung verletzt wurde, sondern auch dass die Summe der Pestizidkonzentrationen bei 78 Prozent der Proben über dem Einzelgrenzwert lag. Eine Beeinträchtigung von Organismen in den Gewässern kann nicht ausgeschlossen werden, lautete das Fazit, der Eawag, und Studienleiterin Professor Juliane Hollender plädierte gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung, für mehr biologischen Landbau.

Leider wird diese Ansicht vom zuständigen Bundesamt für Landwirtschaft nicht mitgetragen, sondern die Pestizide werden als notwendig erachtet und verteidigt, obschon die Biolandwirtschaft seit Jahren ohne die in der Studie festgestellten Gifte auskommt. Was die Bundesstellen noch verkennen haben die Konsumenten und ein immer grösser werdender Teil der Bauern längst erkannt. Der Biolandbau setzte im letzten Jahr in ganz Europa seinen Wachstumstrend eindrücklich fort. In der Schweiz geht der wachsende Absatz einher mit einem sehr erfreulichen Zuwachs von plus 5000 Hektar biologisch bewirtschafteter Fläche. Vor allem im Talgebiet, in ackerfähigen Lagen, haben sich viele Betriebe zur Umstellung entschlossen.

Bio Suisse Urs Brändli Jahresmedien 2014 bs 0112Urs Brändli, Präsident Bio Suisse (Bild: Bio Suisse)

Trotzdem bietet der Schweizer Biolandbau noch ungenutztes Potenzial. Gerade im Bio-Ackerbau sind weitere Produzenten gesucht. Es ist für die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz schwer verständlich, wenn die inländische Landwirtschaft nicht auf ihre Bedürfnisse eingeht. Vor allem wenn es sich dabei um eine Produktionsart handelt, die eine gute Wertschöpfung verspricht und zugleich unsere Ressourcen geschickt und schonend nutzt.

Nun fordert der Schweizer Bauernverband (SBV) mittels Ernährungssicherheit-Initiative vom Bund eine verbindliche Qualitätsstrategie und der Vorstand von Bio Suisse verhält sich dazu «nur» neutral. Dieses Thema wurde an der Delegiertenversammlung vom 16. April 2014 diskutiert. Obwohl die neutrale Haltung des Bio Suisse-Vorstands eine klare Mehrheit unterstützt wurde, wünschen sich viele Biobäuerinnen und Biobauern für diese Initiative ein grösseres Engagement ihres Verbandes. Sie sind lokal und regional in die bäuerlichen Organisationen gut integriert und akzeptiert. An den meisten Orten gehören die Grabenkämpfe von früher der Vergangenheit an. Klar, dass nun Biobauern Solidarität zeigen und gemeinsam mit ihren Kollegen Stimmen für die Volksinitiative sammeln, denn am Initiativtext an sich gibt es nichts auszusetzen.

Welche Ziele verfolgen die Initianten denn tatsächlich? Dem SBV ist es gelungen mit der Initiative die konservativen und progressiven Kräfte einzubinden; einerseits die Enttäuschten der neuen Agrarpolitik und des gescheiterten Referendums und anderseits diejenigen, die mehr Nachhaltigkeit und eine Qualitätsstrategie fordern.

Diese Zeit der Einigkeit dürfte anhalten bis die Initiative im Parlament zur Behandlung ansteht. Sollten wir erkennen, dass die Initianten dann tatsächlich die Förderung einer umfassend nachhaltigen Produktion und eine Qualitätsstrategie anstreben, die diesen Namen verdient, dann werden wir das Anliegen unterstützen. Bis dahin bleiben wir skeptisch. Deshalb muss jeder Bioproduzent selbst entscheiden, ob er Stimmen sammeln will. Schliesslich sind alle zugleich auch Mitglied beim SBV und bezahlen dort ihren Obolus.

Neben den politischen Fragen standen bei unserer Frühlings DV noch weitere spannende Themen an. Intensive Diskussionen ausgelöst hat die «graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion» (GMF). In der Schweiz ist die Fruchtfolgefläche begrenzt. Mit der Einführung von GMF soll nun dafür gesorgt werden, dass der Anbau von Tierfutter denjenigen für menschliche Ernährung nicht konkurriert. Vor allem für Futter von Wiederkäuern werden heutzutage in der Schweiz wie auch weltweit Ackerflächen beansprucht, die für den Anbau von Lebensmitteln geeignet sind. GMF würde das im Biolandbau zusätzlich einschränken und deshalb die Glaubwürdigkeit der Knospe weiter stärken.

Die zuständigen Gremien von Bio Suisse sind überzeugt dass eine sehr grosse Mehrheit unserer Produzenten die Anforderungen für GMF (Grasanteil in der Fütterung 75% im Tal-, 85% im Berggebiet) schon heute erfüllen. Diejenigen mit Anpassungsbedarf erhalten mehr als drei Jahre Zeit ihren Betrieb anzupassen.

Quellen und weitere Informationen:

 

 

 

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