- 07. März 2023
- Nachrichten | Branchen-News
Bei Bio-Lebensmitteln ist die Gewinnmarge von Coop und Migros viel höher als bei solchen aus normalem Anbau. Das zeigt eine Recherche von K-Tipp.
Coop machte 2022 allein mit Bio-Produkten einen Umsatz von 6,2 Milliarden Franken und einen Gewinn von 562 Millionen. Während sich die Grossverteiler über die hohen Bio-Gewinne freuen, ärgern sich KonsumentInnen. Denn die Preise für Bio-Produkte sind unverhältnismässig hoch. Migros und Coop schlagen auf die Einkaufspreise, die sie ihren LieferantInnen zahlen, massiv drauf. Bauern und Produzenten, die dem K-Tipp Einblick in ihre Abrechnungen gaben, wollten anonym bleiben. Sie befürchten, dass sich die Grossverteiler sonst rächen und sie ausschliessen.
Massive Aufschläge bei Bio
Käser Viktor Lang (Name geändert) staunt, wie viel sein Produkt in der Migros kostet. Er kriegt von Migros für seinen Bio-Käse rund 14 Franken pro Kilo. Die Migros-KundInnen bezahlen an der Ladentheke das Doppelte. «Bauern und Käser zusammen bekommen nur die Hälfte vom Ladenpreis. Ist das gerecht?», fragt Lang. Bevor Langs Bio-Käse in der Migros bereitliegt, wird er transportiert, portioniert, verpackt und etikettiert. Das kostet 4 bis 5 Franken pro Kilo, sagen Fachleute. Der Grossverteiler behält also 9 bis 10 Franken von jedem einzelnen verkauften Kilo Bio-Käse. Abrechnungen zeigen aber, dass sich bei der Migros ein konventioneller Käse nicht um 14 Franken, sondern nur um 10 Franken verteuert, denn ein konventioneller Käser erhält rund 13 Franken pro Kilo, im Laden bezahlt man dafür 23 Franken.Das gleiche Bild bei Coop: Für seinen konventionellen Alpkäse aus der Ostschweiz bekommt ein Käser Fr. 16.70 pro Kilo. Im Laden kostet er gut 10 Franken mehr. Der Bio-Bauer Urs Arnet (Name geändert) aus dem Bernbiet bekommt für seine Bohnen 82 Rappen pro Kilo. Im Coop kostete das Kilo tiefgefrorene Bio-Bohnen Mitte Februar Fr. 6.60, in der Migros Fr. 6.20. Das ist fast das Achtfache des Produzentenpreises. Arnet findet die in den Läden verlangten Preise «immer wieder erstaunlich». Und der Zürcher Bio-Bauer Herbert Lehmann (Name geändert) erhält für seine Demeter-Kartoffeln 99 Rappen pro Kilo – etwa 10 Rappen mehr als für Bio-Knospe-Kartoffeln. Im Laden kostete das Kilo Kartoffeln mit dem strengsten Bio-Label Mitte Februar bei Migros Fr. 3.50, bei Coop Fr. 3.70. Kartoffeln mit Bio-Knospe kosten bei Migros und bei Coop Fr. 2.80. Coop schlägt auch beim Naturafarm-Label stark auf. Schweinebauern erhalten trotz vielen Auflagen nur 30 Rappen mehr pro Kilo Schlachtgewicht als ihre konventionell produzierenden Kollegen: Fr. 3.30 statt 3 Franken. Im Laden will Coop für das Naturafarm-Schweinsnierstück 38 Franken, für jenes von Prix Garantie Fr. 22.50.
Bio Suisse ist macht- und ahnungslos
Bio Suisse, die Organisation der Bio-LandwirtInnen, antwortet auf Anfrage des K-Tipp: «Wir kennen die Margen der Detailhändler nicht.» Auf deren Preispolitik habe man keinen Einfluss. Coop und Migros wollen ihre Gewinnmargen auch dem K-Tipp nicht verraten. Preisüberwacher Stefan Meierhans mussten Coop und Migros dagegen Einblick in ihre Bücher gewähren. In einem im Januar publizierten Bericht schreibt er, es gebe Indizien, «dass Bio-Produkte stärker verteuert werden, weil sie eine extra hohe Marge zu tragen haben». Meierhans will die Wettbewerbskommission einschalten und klären lassen, ob es nicht an Preiswettbewerb fehlt. Denn Coop und Migros machen rund vier Fünftel des Umsatzes im Schweizer Detailhandel – und haben ähnliche Preise. Die Migros kritisiert den Bericht von Meierhans als «unseriös». Dieser schaffe «keine Fakten», sondern stütze sich «auf Indizien ». Sie habe in diversen Beispielen darlegen können, dass die Marge bei Labelprodukten nicht höher sei. Im Bericht sei das nicht erwähnt. Auch das Parlament ist aktiv geworden: Der Ständerat verlangt vom Bundesrat, die Wettbewerbssituation im Lebensmittelmarkt zu analysieren – mit dem Ziel, die «Transparenz in der Preisbildung » zu erhöhen. Übrigens: Die Preise für konventionell produzierte Lebensmittel sind laut Bundesamt für Landwirtschaft 2022 um 2,4 Prozent gestiegen. Bio-Produkte wurden 4,4 Prozent teurer.
Quelle: K-Tipp Nr. 4 vom 1. März 2023, Daniel Bütler, «Bio: Migros und Coop schlagen massiv drauf»