Der Biolandbau will klimaneutral werden. Dafür brauche es eine effizientere Bewirtschaftung, sagt Knut Schmidtke, Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau FiBL im Interview mit der NZZ am Sonntag.

Methan aus der Rinderhaltung traegt zum Klimawandel beiMethan aus der Rinderhaltung trägt zum Klimawandel bei. Bild: Pixabay
Die Landwirtschaft verursacht 14 Prozent aller inländischen Treibhausgasemissionen. Jetzt soll die Biolandwirtschaft bis 2040 klimaneutral werden. Knut Schmidtke möchte das Methan aus der Rinderhaltung und Lachgas aus den Böden durch eine bessere Bewirtschaftung reduzieren. Zum Beispiel durch eine andere Fütterung oder durch eine längere Nutzungsdauer der Kühe: «Weil die Aufzucht der Tiere das Klima mit Methan belastet, ist es besser, sie sieben oder acht Jahre zu nutzen, statt sie schon nach zwei oder drei Jahren der Milchgewinnung zu schlachten», so der Wissenschaftler. Zugleich sollten die BiolandwirtInnen durch zusätzlichen Humusaufbau und Agroforstwirtschaft Kohlendioxid aus der Atmosphäre binden. Und es brauche noch einen Wechsel zu elektrischen Maschinen und zu Biogas. Schon heute schneide der Biolandbau aber besser als die konventionelle Landwirtschaft ab, was den Ausstoss an Klimagasen bezogen auf die Anbaufläche angeht. Es sei aber auch der Anspruch des Biolandbaus, schneller und konsequenter klimaneutral zu wirtschaften als der konventionelle Landbau.

Neue Gentechnikverfahren intensiv erforschen

Neue Verfahren der Gentechnik wie die Genom-Editierung könnten Ertragssteigerungen ermöglichen und so das Klima schonen, meinen die BefürworterInnen dieser Technik. Knut Schmidtke macht darauf aufmerksam, dass im Biolandbau der Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen und Tiere gesetzlich verboten sei. Der Nationalrat hat das Gentech-Moratorium soeben um weitere vier Jahre verlängert. Die neuen Methoden seien allerdings insofern anders zu beurteilen, als sie in der Regel keine artfremden Gene einbringen. Da müsse in den nächsten Jahren intensiv erforscht werden, ob sie unerwünschte Effekte haben. «Wir greifen mit der Editierung in besonderer Weise in das Genom eines Organismus ein. Ist das etwas, was wir mit dem ganzheitlichen Naturverständnis des Biolandbaus vereinbaren können? Es geht hier auch um ethische Fragen», sagt Knut Schmidke. Das FiBL entwickle jedenfalls auch alternative Züchtungsverfahren für den Biolandbau.

Biolandbau, möglich ja, mit weniger Fleisch und Foodwaste

Auf die Frage, ob es möglich sei, die Welt durch biologische Landwirtschaft zu ernähren, antwortet Knut Schmidtke: «In Zentraleuropa und Nordamerika könnten wir eine vollwertige Lebensmittelversorgung durch biologischen Landbau sicherstellen, müssten aber den Food-Waste deutlich reduzieren und uns stärker pflanzenbasiert ernähren. In Afrika könnten wir durch biologischen Landbau und angepasste Beratung die Erträge in vielen Fällen um 100 bis 150 Prozent steigern. Das zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie des FiBL.» Man müsse aber nicht nur beraten, sondern auch vermitteln, wie gut vegetarische und vegane Kost schmecken kann.

Verbote und Gebote

Im Biolandbau kennt jeder Landwirt und jede Landwirtin die Rahmenbedingungen, unter denen gewirtschaftet werden muss, so Knut Schmidtke. Dazu gehört ein Verbot von Pestiziden. Die Betriebe sind stolz darauf, dass sie so, gesunde und ausreichende Lebensmittel erzeugen können - ohne Kollateralschäden an der Umwelt und der Gesundheit der Menschen. Die Grenzen, die der Biolandbau sich gesetzt hat, seien auch als Innovationstreiber wichtig. Wer aber zahlt den Preis der Innovationen? «Einer muss zahlen. Aber die Frage ist, wer zahlt die Kollateralschäden von Pflanzenschutzmitteln und Überdüngung? Die zahlen wir als SteuerzahlerInnen ja auch. Wenn wir ein System umsetzen, das diese Kollateralschäden vermeidet, haben wir zwar ein teureres Produkt, aber die Gesamtkosten sind vermutlich deutlich geringer», erklärt Knut Schmidtke.

Knut Schmidtke
Seit vergangenem Jahr ist Knut Schmidtke Direktor für Forschung, Extension und Innovation des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) in Frick. Zuvor war er Professor für biologischen Landbau an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Dresden.

Quelle: «Wir werden auf Fleisch nicht ganz verzichten», Interview von Andreas Hirstein, NZZ am Sonntag vom 26. September 2021

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