- 06. Januar 2016
- Nachrichten | Branchen-News
Bio, selbst Frischprodukte, gibt es zunehmend im Netz zu kaufen. Bio Partner Schweiz hat eben seinen Onlineshop yardo.bio aufgeschaltet. Was steckt dahinter? Andreas Jiménez, CEO des führenden Schweizer Bio-Grosshändlers, hat inspirierende Antworten parat.
Herr Jiménez, Alnatura plant seinen Einstieg in den E-Commerce, Bio Partner Schweiz AG hat bereits auf Ende 2015 einen Online-Shop aufgegleist. Wieso gerade jetzt?
Einen objektiven Grund gibt es nicht. Ausschlaggebend ist, dass die Konsument/-innen ihre Einkaufsgewohnheiten geändert haben. Im Bio-Bereich zeichnet sich ein Trend Richtung Online-Handel ab. Wir sehen darin ein grosses Potenzial mit guten Anbindungsmöglichkeiten zum stationären Handel. Als Grosshändler wollen wir den Fachhändler/-innen über unseren Shop die Möglichkeit geben, an diesem Trend zu partizipieren. Gerade kleinere Händler sind selber oft nicht in der Lage, einen professionellen Online-Shop aufzubauen. Wir haben die Kapazitäten und das Know-how.
Wie funktioniert das Konzept von Bio Partner?
Die Idee ist, dass die Konsumenten die Bio-Produkte online bestellen. Die Ware können sie sich entweder nach Hause oder an einen unserer momentan zehn Bio-pick-Fachgeschäfte liefern lassen, wo sie das Bestellte während den Öffnungszeiten abholen können. Letzteres kommt für die Endkonsumenten günstiger, da die Lieferkosten tiefer sind oder sogar entfallen. Unser Konzept soll den Fachhändlern die Möglichkeit geben, Zusatzverkäufe zu tätigen, wenn die Kunden ihre Ware abholen. Wir wollen die Fachhändler erfolgreicher machen.
Welche Kund/-innen wollen Sie damit ansprechen?
Wir wollen mit dem Online-Angebot nicht die klassischen Kunden des Fachhandels ansprechen, sondern jene, die bisher bei Migros und Coop eingekauft haben. Erste Erfahrungen zeigen, dass unsere yardo.bio-Kunden eher Frauen sind und jüngere Personen, die nicht zur klassischen Stammkundschaft von Bioläden gehören.
Bieten Sie die ganze Produktepalette über yardo.bio an?
Wir starten mit einem Angebot von 3500 Produkten: Lebensmittel – auch Frischprodukte, Naturkosmetika und Produkte für den ökologischen Haushalt. Darin inbegriffen sind selbstverständlich die Topartikel im Fachhandel. Unsere Auswertungen werden zeigen, welche Marken und Produkte die Kunden suchen. Dementsprechend werden wir das Angebot anpassen.
Wie wichtig sind die Auswertungsmöglichkeiten?
Bisher hat nur Bio Suisse Zahlen erhoben. Es gab für unsere Branche keine Zahlen von Marktforschungsinstituten wie Nielsen oder GFK. Darum stellen die Auswertungsmöglichkeiten in der Tat ein Riesenplus dar. Sie liefern Informationen über Entwicklungen am Markt, beispielsweise welche Marken und Trends beliebt sind. Mit solchen Informationen können wir unseren Geschäftskunden weitere Unterstützung bieten.
Welches sind die Herausforderungen beim Aufbau eines Online-Shops. Täuscht es oder ist die Suche auf yardo.bio etwas langsam?
Da haben Sie recht (lacht), es gibt Performance-Probleme, an denen wir arbeiten. Aber wir sind mit dem Start zufrieden. Wir konnten die Termine wie geplant einhalten und werden Ende Februar die zehn Bio-pick-Läden aufschalten.
Einige Fachhändler befürchten, dass ihnen der E-Commerce das Geschäft abgräbt. Haben Sie Verständnis für solche Ängste?
Ich kann diese Bedenken verstehen. Darum wollen wir ihnen aufzeigen, dass sie keine Einbussen zu befürchten haben. Im Gegenteil - die Plattform hilft, neue Kunden in ihr Fachgeschäft zu locken. Statistiken belegen, dass sich die Kundschaft gerade bei Lebensmitteln übers Internet informiert, dann aber oftmals im Laden einkauft.
Wie kann sich der Fachhandel auf die Herausforderungen des Online-Handels einstellen?
Wir laden alle Fachläden ein, bei unserem Konzept mitzumachen. Wir starten wie gesagt mit zehn Fachhändlern. Die teilnehmenden Fachhändler sollen durch Provisionen und steigende Kundenfrequenz profitieren. Es ist geplant, dass sie später auf einer Konsole in ihrem Geschäft ein virtuell erweitertes Sortiment mit bis zu 8000 Produkten anbieten. Zudem gewährt der Webshop die Möglichkeit, Auskünfte zu den Produkten aufzubereiten. Denn Hintergrundinformationen und eine gute Beratung werden immer bedeutender für die Verkaufsentscheide der Kund/-innen. Die Leute wollen wissen, wie, wo und von wem die Produkte hergestellt werden.
Wie steht die Schweiz im Bereich E-Commerce im internationalen Vergleich da?
Die Schweiz hat eine hohe Affinität zum Online-Verkauf; Le Shop von Migros hat gezeigt, dass die Chancen gut stehen. Seitens der Kunden besteht ein Bedürfnis nach einem hohen Service-Grad und sie wollen die Ware angeliefert haben. Das belegen auch Erfahrungen des italienischen Grosshändlers NaturaSì, der mit seinem Online-Shop seit einem Jahr auf dem Markt ist. Zu seinen Abnehmern zählen «Urban Singles», die lange arbeiten und Leute auf dem Land, wo es keinen Bioladen gibt.
Bio Partner ist Fördermitglied von bionetz.ch. Wieso?
bionetz.ch ist wichtig im wenig organisierten Bio-Markt. Wir schätzen die Informationen und Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit Veledes. bionetz.ch wird gut wahrgenommen und erbringt nützliche Dienstleistungen für die Branche.
Zum Schluss noch zu Ihnen. Sie leiten Bio Partner Schweiz seit fünf Jahren. Was macht die Branche aus und wie geht es weiter?
Der Bio-Markt funktioniert anders als der konventionelle. Nachhaltigkeitsthemen und Produktionsbedingungen stehen im Zentrum. Das färbt ab und führt zu einem Miteinander von Produzenten, Verarbeitern, Fach- und Grosshändlern. Bio hat sich zu einem Wachstumsmarkt entwickelt. Er ist interessant für viele geworden, was auch mehr Wettbewerb bedeutet. Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs ist es für den Fachhandel wichtig, die eigenen Stärken (USPs) herauszuschälen und sich ein klares Profil zu geben.
Interview: Julia Antoniou