- 25. April 2016
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Täuschung hiess das Motto des dritten Lebensmitteltags, und der Saal war proppenvoll. Moderiert wurde der Anlass von der bekannten Fernsehfrau Daniela Lager.
Markus Johann - Die beiden «Hausherren» Ueli Steiner von bio.inspecta und Felix Müller von SQS durften rund 200 Teilnehmer/-Innen zur dritten Ausgabe des Lebensmitteltages begrüssen. Dieser fand am 21. April im Hotel Schweizerhof in Luzern statt und war dem Thema Täuschung gewidmet. Genau genommen dem fliessenden Übergang zwischen Täuschung und Werbung.
Happy Hazelnuts
«Happy Hazelnuts» heisst das neue Projekt, das Philip Albrecht, CEO der Firma Varistor, unter anderem in seinem Referat vorstellte. «Unsere Firma setzt auf transparente und klar rückverfolgbare Warenflüsse, die entsprechend kontrolliert und zertifiziert werden. Jetzt gehen wir noch einen Schritt weiter und beziehen die Produzenten dabei stark ein», erklärte Albrecht. Der grösste Produktionsmarkt für Haselnüsse sei die Türkei. Bei der Ernte würden zumeist Wanderarbeiter eingesetzt, die mit ihren Familien von Region zu Region zögen. Kinderarbeit und nicht gewährte Schulbildung sei dabei ein grosses Problem. Und dort setze das Projekt von Varistor an. «Wir wollen die Familien dabei unterstützen, dass sie einen fairen Preis für ihre Ware bekommen und ihre Kinder eine normale Schuldbildung erhalten.» Dies sei jedoch nicht ohne finanziellen Mehraufwand möglich. Ein Kilo Happy Hazelnuts koste deshalb ca. 20 Rappen pro Kilo mehr. Ob die Abnehmer bereit sind, diesen Mehrpreis zu bezahlen, fragte Daniela Lager nach dem Referat nach. Albrecht bejahte dies grundsätzlich, erwähnte jedoch auch, dass eine Preiserhöhung meist einen längeren Verständnisprozess bedinge.
Keine 100%ige Sicherheit
Auch mit noch so vielen Proben kann keine endgültige Sicherheit erreicht werden. Dies legte Helmut Kandler, stv. Kantonschemiker des Kanton Zug, in seinem Referat anhand von statistisch erhobenen Werten eindrücklich dar. Die Sicherheit nehme mit einer höheren Anzahl Proben zwar zu. Jedoch gelte es auch die Analyseverfahren kritisch zu betrachten, respektive zu überlegen, welche Verfahren durchgeführt werden sollen. Denn je nach Analyseverfahren könnten bei gleicher Ware und Probengrössen unterschiedliche Werte resultieren, wie Kandler dem Publikum anhand von Ochratoxinuntersuchungen bei Feigen vorführte. Je nach Mahlverfahren der Proben änderten die Endergebnisse.
Über Lug und Trug bei Lebensmitteln
Dieser Frage ging Oliver Fueter, Redaktor aus der DRS Espresso-Redaktion in seinem spannenden Referat nach. «Jedes Jahr gehen bei uns rund 20 000 Hinweise ein», erzählte Fueter, dessen Sendegefäss trimedial unterwegs ist. D.h. Themen im Radio, im Fernsehen und im Internet behandelt und verfolgt, wobei diese grösstenteils vom Publikum eingebracht würden. Die Spannweite der Täuschung sei enorm gross. Vieles, was die Konsument/-innen als Täuschung empfinden, sei jedoch keine Täuschung. Sondern einfach gute Werbung und somit lediglich ein Verstoss gegen die Erwartungshaltungen der Konsument/-innen. Bei jedem Thema gelte das Fairness- und Anhörungsprinzip, präzisierte Fueter. Alle Parteien hätten dabei das Recht, ihre Haltung/Meinung einzubringen. Fueter äusserte sich auch zum Titel «Etikettenschwindel des Jahres», mit dem DRS Espresso jedes Jahr ein Produkt auszeichnet. Im 2015 ging dieser an den High Protein-Hüttenkäse von Hirz. Der Grund: Dieser steckte in derselben Verpackung wie das Standardprodukt, wurde aber unter einem anderen Namen verkauft – notabene ganz legal und der Lebensmittelverordnung (LMV) entsprechend. Anhand eines Erdbeerriegels machte Fueter auf eine weitere Täuschung aufmerksam. Mit einem Anteil von nur 1 Prozent Erdbeeren wird dieser unter der Bezeichnung «Riegel mit Erdbeeren» und nicht als «Erdbeerriegel» verkauft. Auch dies ein gutes Beispiel dafür, wie die Konsument/-Innen ganz legal an der Nase herumgeführt werden. «Die Konsument/-innen von heute sind besser und viel schneller informiert, aber auch kritischer und mutiger. Deshalb mischten sie sich mehr in Entwicklungsprozesse ein, wie Shitstorms im Netz zeigen», führte Fueter weiter aus. Manchmal seien die Konsument/-Innen jedoch auch mit sich selbst unehrlich, wie man beim Kauf von Fleisch feststellen könne: Sie verlangen hohe Tierschutzanforderungen kaufen aber trotzdem Billigfleisch.
Konsument/-innen lassen sich gerne täuschen
Zwei weitere Referate komplettierten den Tag. Eines davon von der Franziska Pfister, NZZ-Journalistin und Mitautorin des Buches «Der Kult um unser Essen». Auch sie legte eindrücklich dar, wie fliessend die Grenzen zwischen Wahrheit und Täuschung aus Konsumentensicht sind. »Die Konsument/-Innen lassen sich gerne mit idyllischen Bildern aus der Werbung täuschen und kaufen dann ein Produkt, von dem sie verstandesmässig klar wissen, dass die Wirklichkeit eine andere ist“, so Pfister. Den Schluss der Veranstaltung bildete eine Podiumsdiskussionsrunde mit allen Referent/-innen. Alles in allem eine rundum gelungene Tagung, an der auch während den Pausen und beim Essen angeregt diskutiert wurde.
Buchtipp «Der Kult um unser Essen» von Michael Furger und Chanchal Biswas