- 05. Dezember 2016
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Diesen Herbst hat Demeter den Sprung vom Fachhandel in die Regalreihen von Migros und Coop gemacht, was den Fachhandel verunsicherte. Im Interview erläutert Geschäftsführer Christian Butscher die Hintergründe für die strategische Neuausrichtung seines Verbandes. Dazu fand am 21. November mit Vertretern aus dem Fachhandel, Grosshandel, Demeter-Verarbeitern und Demeter-Bauern ein Treffen statt.
Interview Anne-Lena Wahl
Herr Butscher, die Erschliessung von Coop und Migros ist eine strategische Neuausrichtung. Wie ist Demeter dabei vorgegangen?
Die neue Ausrichtung des Demeter-Verbandes ist keine spontane Laune, sondern die Frucht der Strategie und Vision des Schweizerischen Demeter-Verbandes. Diese haben wir schon im Jahr 2010 in einem neuen Strategiepapier unter Mitwirkung von Produzenten, Lizenznehmern, Händlern und Bioläden erarbeitet. Neben der Stärkung der bestehenden Absatzkanäle wollen wir neue Distributoren hinzuzugewinnen. Unser ist Ziel ist, künftig alle auf den rund 265 Schweizerischen Demeter-Höfen produzierten Produkte unter unserem biologisch-dynamischen Label abzusetzen. Dies ist derzeit nicht möglich, weshalb Demeter-Produkte unter weniger strengen Bio-Labeln oder ohne Zertifizierung verkauft werden. Lose Kontakte zu Coop haben nur über die Mitgliedschaft des Vereins für biologisch-dynamische Landwirtschaft als Mitgliedorganisation von Bio Suisse bestanden.
In den Jahren 2013/14 öffnete sich in der Schweiz durch den Auftritt der Bio-Supermarktkette Alnatura-Schweiz ein zusätzlicher fachhandelsspezifischer Absatzkanal für unsere Produkte, der uns passender erschien. Zu Gunsten von Alnatura-Schweiz haben wir daher zu diesem Zeitpunkt auf einen direkten Kontakt zu Migros und Coop verzichtet. Durch die Kooperation mit Alnatura kamen wir dann direkt mit Migros in Kontakt; gleichzeitig wurden die Gespräche mit Coop ebenfalls konkret – dies mündete letztlich in die Zusammenarbeit mit den beiden Supermärkten. Obwohl die neue Zusammenarbeit mit Migros und Coop parallel angelaufen ist, führten also zwei unterschiedliche Prozesse zur jeweiligen Zusammenarbeit: Während Migros ca. 20 alltägliche Produkte in ihr Sortiment im Rahmen eines Pilotprojekts aufnahm, schuf Coop zuerst eine Zielsetzung zur Unterstützung der biologisch-dynamischen Landwirtschaft in der Schweiz als Grundlage der Partnerschaft – ausgehend vom Wunsch, die biologisch-dynamische Landwirtschaft in der Schweiz zu unterstützen. Bei Coop werden vorerst Milchprodukte (Milch, Butter, Rahm) eingeführt. Weiter werden mit Coop Projekte im Bereich Fleisch, Lagergemüse und Obst besprochen.
Wie verlief die Preisgestaltung?
Der exakte Verkaufspreis eines bestimmten Produktes wird von Coop und Migros festgelegt. Als Verband achten wir aber darauf, dass die Produzenten und Lizenznehmer keinen Nachteil erleiden. Zudem haben sich Coop und Migros im Vertrag zu Marktgesprächen verpflichtet.
Auf welche Art und Weise haben Coop und Migros die Kunden auf die neuen Produkte und auf Demeter selbst aufmerksam gemacht? Was sollte die Kunden überzeugen, zu den unbekannten Demeter-Produkten zu greifen?
Beide haben das Demeter-Label und die Grundlagen des bio-dynamischen Landbaus in ihren hauseigenen Zeitungen vorgestellt. Migros hat einzelne Produkte teilweise mit hohen Cumulus-Punkten beworben, Mitarbeiter von Migros wurden bereits über die Grundsätze des biologisch-dynamischen Anbaus von Demeter geschult. Die Präsenz des Demeter-Labels in den betroffenen Filialen ist erfreulich gross.
Bio-Produkte sind in Supermärkten oft extra in Plastik verpackt, um die Verwechslung mit konventionellen Produkten zu vermeiden. Lässt sich das mit den Demeter-Grundsätzen vereinen?
Anders als andere Bio-zertifizierte Produkte sind das Demeter Gemüse und Demeter-Obst wie Brokkoli, Äpfel usw. soweit möglich nicht in extra Plastikverpackungen abgepackt, sondern mit einem Demeter-Aufkleber versehen.
Wie war die Reaktion der Demeter-Produzenten?
Die neue Absatzmöglichkeit freut besonders die Lizenznehmer von Demeter-Produkten. Durch den neuen Absatzkanal erreichen sie eine neue Kundschaft. Ihre Rückmeldungen waren sehr positiv. Auch für die Produzenten hat es Vorteile (siehe Artikel Bauernzeitung), es soll ihnen damit ein neuer Absatzkanal eröffnet werden. Da jedoch sehr viele Produzenten auch Direktvermarktung ab Hof betreiben, gab es insgesamt sehr gemischte Reaktionen auf die Erweiterung der Distribution in die Grossverteiler.
Bisher war Demeter fachhandelstreu. Wie hat der Fachhandel reagiert?
Der Fachhandel hat heftig reagiert, jedoch nicht unbedingt nur negativ. Die Fachhändler baten uns vor allem um Austausch und Kommunikation. Da der Fachhandel bisher neben der Direktvermarktung der Hauptabsatzkanal für Demeter-Produkte war, wollten sich die Händler ein Bild von der Entwicklung machen. Mit manchen Fachhandelsvertretern haben wir bereits Gespräche geführt. Wir haben dargelegt, dass die fachhandelstreue Kundschaft sich nicht unbedingt mit den Kunden überschneidet, die im Supermarkt zu Demeter-Produkten greift. Zudem sind nicht alle Demeter-Produkte in den ausgewählten Coop und Migros-Filialen erhältlich. Der Fachhandel spielt weiterhin eine sehr wichtige Rolle für den Verkauf von Demeter-Produkten. Wir vom Demeter-Verband haben am 21. November an einem moderierten Informationstreffen mit ca. 20 bis 30 Vertretern des Fachhandels, mit Bio-Grosshändlern und mit Demeter-Bauern teilgenommen. Dieses Treffen hat Einiges geklärt, und die Situation ist sehr konstruktiv diskutiert worden. Der Demeter-Verband wird sich an der nächsten Vorstands-Sitzung mit der Kommunikation zum Biofachhandel und dessen Einbindung in den Demeter-Verband beschäftigen.
Die Listung bei Migros erfolgt vorerst nur temporär und regional. Wie geht es weiter?
Unser anvisiertes Ziel, eine breite und neue Öffentlichkeit zu erreichen, können wir durch die Kooperation mit Migros und Coop realisieren. Bisher läuft aus Demeter-Sicht alles positiv. Um von einem Erfolg zu sprechen, ist es jedoch noch zu früh. Eine erste Auswertung von Migros ist für Dezember 2016 geplant. Tempo und Art der weiteren Zusammenarbeit wird sich mit dem weiteren Verlauf der Projektphase entwickeln. Bei Coop sind die Voraussetzungen mit der unterzeichneten Partnerschaft anders. Die weiteren Produkte werden Schritt für Schritt aufgebaut.