- 24. August 2010
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Von Natur aus sind Kühe behornt. Doch heute haben 90% (!) der Kühe in der Schweiz keine Hörner mehr.
Jährlich werden 200'000 Kälber enthornt. Auf Milchpackungen haben alle Kühe Hörner. Eine Mogelpackung!
Bund und Landwirtschaft empfehlen, alles Rindvieh zu enthornen, weil Hornkühe zu gefährlich seien. Eine vorgeschobene Argumentation. Zahlreiche Bauernhöfe zeigen, dass es sehr wohl funktioniert, behornte Kühe im Laufstall zu halten.
KAG greift mit diesen Argumenten ein altes Demeter-Anliegen auf. Zu den ersten Höfen mit behornten Kühen im Laufstall gehörte l'Aubier in Montézillon oberhalb Neuchâtel. Deshalb ist es merkwürdig, dass an der "Pro-Hornkuh-Pressekonferenz" neben KAG zwar das Forschungsinstitut für biologischen Landbau und die Stiftung für das Tier im Recht, nicht aber Demeter vertreten sind. - Warum?
KAG-Geschäftsleiter Roman Weibel: "Wir haben bewusst das Hörnerprojekt nicht mit Demeter zusammen lanciert, weil wir zwei Aussagen haben, die für Demeter nicht bequem sind, wir aber Demeter deswegen nicht in die Bedrouille bringen wollen: Laufstall und täglicher Auslauf. KAGfreiland will Laufstall als Pflicht. Per Ende dieses Jahres geht eine zehnjährige Übergangsfrist in unseren Richtlinien zu Ende." 17 KAG-Höfe haben es nicht geschafft, auf Laufstall umzustellen, deshalb werden sie nicht mehr mit dem KAG-Label vermarkten können.
Dass verschiedene Organisationen ihre Prioritäten unterschiedlich setzen, ist normal. Ebenso aber auch, dass verschiedene Organisationen mit einem gemeinsamen Anliegen, dieses gemeinsam vertreten, auch wenn sie sich in vielen anderen Punkten widersprechen. Mit Bedrouille hat das dann eigentlich nichts zu tun. Deshalb erscheint die Art und Weise, wie KAG ihr Anliegen in die Öffentlichkeit bringt, etwas seltsam und dem Anliegen abträglich.
KAG hat es als "Ein-Themen-Partei" wesentlich einfacher, Einzelpostulate zu forcieren. KAG ist Tierschutzspezialistin. Die Anbauorganisationen müssen gleichzeitig immer mehrere Anliegen unter einen Hut bringen. Dass nur Tierhaltungsethik, nicht aber beispielsweise Produktqualität von KAG thematisiert wird, zeigte sich bereits in den Anfängen, als es einerseits konventionell gefütterte KAG-Hühner gab, andererseits bio-gefütterte Hühner, welche nicht KAG-konform gehalten wurden.
Wenn Demeter seit eh und je Behornung fordert, so hat das mit der Anschauung vom Wesen der Kuh zu tun, mit ihrer ausserordentlichen Stoffwechselkonstitution und der Funktion der Hörner in den Stoffwechselprozessen. Eine solche ganzheitliche Anschauung beinhaltet selbstverständlich auch ethologische Aspekte, gewichtet diese aber nicht gleich, wie das eine auf ethologische Aspekte spezialisierte Organisation tut (oder viel einfacher tun kann).
Laufställe mit behornten Kühen müssen grösser sein, damit Ausweichen der hierarchisch tiefer gestellten Hornträger besser möglich ist. Für Laufstallbauten gibt es Beiträge - aber halt nur für die Minimalversion. Hier liegt ein Problem, das vielleicht auch einzelnen der 17 ausscheidenden KAG-Bauern Bauchweh gemacht hat. Das wäre zum Schluss noch ein ganz praktisch-wirtschaftlicher Aspekt. Für Landwirte halt auch ein Gesichtspunkt.
Matthias Wiesmann, 16.08.2010