- 12. März 2011
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Die Qualitätsstrategie für die schweizerische Land- und Ernährungswirtschaft ist einen wichtigen Schritt weiter. Die Beteiligten konnten sich auf eine bereinigte Charta einigen. Die Frage einer gemeinsamen Dachmarke mit Schweiz Tourismus ist noch offen.
Von Jonas Ingold, Landwirtschaftlicher Informationsdienst
Die Schweizer Ernährungs- und Landwirtschaft will ihre Qualitätsführerschaft stärken und mittels Marktoffensiven besser kommunizieren. Dies soll nicht nur den Marktanteil im Inland sicherstellen, sondern auch vermehrt Möglichkeiten zum Export öffnen. Nachdem sich Exponenten aus der gesamten Wertschöpfungskette 2010 zu zwei Qualitätswerkstätten getroffen haben, legte im Herbst letzten Jahres das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) den interessierten Kreisen den Entwurf einer Charta zur gemeinsamen Qualitätsstrategie vor. Aufgrund der Reaktionen konnte nun eine Kerngruppe – unter anderem mit dem Schweizerischen Bauernverband (SBV), dem BLW, Fromarte sowie Coop und Migros – die Charta bereinigen und in neuer Form vorlegen.
Gentechnik als grösster Knackpunkt
Laut BLW hat hauptsächlich der Verzicht der Landwirtschaft auf den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) für viel Gesprächstoff gesorgt. So wurde die ursprüngliche Version der Charta in diesem Punkt sprachlich auch abgeschwächt: Während in der Originalfassung noch von einem "bewussten Verzicht" auf GVO die Rede war, verzichtet man neuerdings nur noch "zur Nutzung von Marktchancen" darauf. Oder anders ausgedrückt: Man verzichtet darauf, weil die schweizerischen und europäischen Konsumenten (zumindest derzeit) keine Gentechprodukte kaufen wollen.
Goldblume als gemeinsame Dachmarke?
Um eine gemeinsame Basisstrategie für die Kommunikation und Vermarktung zu erarbeiten, wird ein strategischer Marketingausschuss eingesetzt. Zurzeit wird über die Aufgaben und die Zusammensetzung dieses Ausschusses beraten.
Nach wie vor nicht geklärt ist die Frage, ob die von Schweiz Tourismus verwendete Goldblume als gemeinsame Dachmarke der Tourismusbranche und der Land- und Ernährungswirtschaft genutzt werden soll. Gemäss BLW sind zurzeit Gespräche und Abklärungen dazu im Gange. Um eine Einführung in Betracht zu ziehen, wäre allerdings eine Verwendung über alle Wertschöpfungsketten nötig. Während die Landwirtschaft sich für eine gemeinsame Dachmarke ausspricht, war bisher besonders die Nahrungsmittelindustrie einer gemeinsamen Dachmarke gegenüber skeptisch eingestellt.
Unterschiedliche Reaktionen
Neben den an der Charta beteiligten Gruppierungen zeigte sich auch die Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz (IGAS), eine Organisation die sich für Verhandlungen mit der EU über einen Agrarfreihandel einsetzt, mit der neuen Charta zufrieden. Allerdings sieht die IGAS die Strategie als Begleitmassnahme für weitere Marktöffnungsschritte, während andere Gruppierungen die Qualitätsstrategie unabhängig von Marktöffnungen fordern.
Doch nicht alle sind zufrieden: So zeigt sich der Spitzenverband der Schweizer Chemieindustrie SGCI Chemie Pharma Schweiz – Mitglieder sind unter anderem die in der Agrobranche tätigen Firmen Syngenta, Bayer und BASF – zwar mit dem grundsätzlichen Ziel der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit einverstanden, befürchtet aber grosse, nachteilige Folgewirkungen wegen dem Verzicht auf GVO. Die Charta müsse deshalb im Interesse einer innovativen Industrie dringend überprüft werden.
Die bereinigte Charta zur Qualitätsstrategie ist abrufbar unter: http://www.blw.admin.ch/