- 18. Oktober 2011
- Nachrichten | Branchen-News
Schweiz droht Mangel an Bio-Milch
Bis anhin gab es genügend Bio-Milch. Das könnte sich bald ändern. Denn die Nachfrage wächst und wächst, während das Angebot stagniert. Importe könnten die Folge sein.
Von Michael Wahl, Landwirtschaftlicher Informationsdienst
Überproduktion, wachsende Butterberge, sinkende Milchpreise: Während die Milchwirtschaft bislang erfolglos versucht, den Markt zu stabilisieren und die Menge in den Griff zu bekommen, sind die Bio-Bauern mit anderen Herausforderungen konfrontiert: Die Bio-Milch droht allmählich knapp zu werden.
Emmi habe zunehmend Mühe, die Nachfrage zu decken, erklärt Mediensprecherin Monika Senn. Weil im Sommer naturgemäss weniger Bio-Milch produziert werde, handle es sich aber hauptsächlich um ein saisonales Problem. "In den übrigen Jahreszeiten haben wir bis anhin keine oder wenig Probleme, die nötige Menge zu beziehen", so Senn.
Bio-Milch-ProduktionIn der Schweiz gibt es rund 2000 Bio-Milch-Bauern, deren Produktion sich auf jährlich circa 210'000 Tonnen beläuft. Bio-Milch macht rund fünf Prozent der gesamten Milchmenge aus. Der Detailhandel machte 2010 einen Umsatz von 240 Mio. Franken mit Bio-Milchprodukten. |
Nachfrage wächst, Produktion stagniert
Das könnte sich bald ändern. Denn seit 2010 stagniert die Bio-Milchproduktion, von Januar bis Juni 2011 ging sie gar um ein Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Anders in den Vorjahren: Die Produktion stieg in den letzten fünf Jahren um vier Prozent. Der Markt galt als gesättigt, so dass die Bio-Bauern jährlich rund fünf Prozent der Menge als konventionelle Milch verkaufen mussten – mit finanziellen Einbussen.
Während die Produktion nun stagniert, kaufen die Konsumenten derweil immer mehr Bio-Milch-Produkte. So nahm die Nachfrage von 2005 bis 2010 um satte 30 Prozent zu. Und ein Ende des Bio-Booms ist nicht in Sicht. Nur: "Die Bio-Bauern können nicht einfach von heute auf morgen mehr Milch produzieren – etwa mittels vermehrtem Einsatz von Kraftfutter", erklärt Stephan Jaun, Leiter Information bei Bio Suisse. Dieser sei gemäss Knospe-Richtlinien auf zehn Prozent begrenzt. Und ein Bauer, der auf Bio umstelle, dürfe erst nach zwei Jahren seine Milch als solche verkaufen.
Sollte sich die Situation verschärfen, sei es wahrscheinlich, dass die Verarbeiter nach Bio-Milch-Importen verlangen würden.
Neue Bio-Bauern gesucht
Dennoch ist Jaun zuversichtlich, dass die Produktion bald gesteigert werden kann. So spielt die aktuelle Lage auf dem konventionellen Milchmarkt dem Biolandbau in die Hände: Während der Richtpreis für herkömmliche Milch von der Branchenorganisation Milch unlängst um vier auf 64 Rappen gesenkt wurde, stieg der Produzentenpreis für Bio-Milch gemäss Bundesamt für Landwirtschaft um vier auf 81 Rappen an. Zudem sei eine Umstellung auf Bio gerade bei der Milchproduktion einfacher zu bewerkstelligen als etwa beim Ackerbau. Und da es sich um einen Wachstumsmarkt handle, seien die Zukunftsperspektiven gut. Interessierten Landwirten rät Jaun aber, vor der Umstellung mit verschiedenen Abnehmern die Vermarktungsmöglichkeiten abzuklären.