Facettenreich hiess das Motto der fünften Lebensmitteltagung (LMT) - und der Saal war proppenvoll. Moderiert wurde der Anlass von der bekannten Fernsehfrau Daniela Lager.

d80 0901Daniela Lager und Ueli Steiner. Foto: Franziska Studhalter von ManagEvent

Markus Johann – Im Namen der «Hausherren» bio.inspecta und SQS wurden die TeilnehmerInnen durch Ueli Steiner, dem CEO von bio.inspecta, begrüsst. Der LMT fand am 20. April im Hotel Schweizerhof in Luzern statt und war dem Thema «facettenreich» gewidmet. Genau genommen dem fliessenden Übergang zwischen Täuschungen und Betrug. In der Einleitung zur Tagung, wies Daniela Lager auf einen Artikel aus dem Tagesanzeiger vom 18. April hin. Darin wurde über einen Betrugsfall mit Kaffee aus Vietnam berichtet, der mit gemahlen Pulver aus alten Batterien gestreckt wurde.

Grosse Änderungen bei den Zertifizierungsstellen

In einem ersten Referat berichten die beiden langjährigen SQS-Mitarbeiterinnen Denise Kistler und Daniela Villiger, dass die neue Lebensmittelverordnung für die Zertifizierungsstellen viel mehr ändern würde, als für die auditierten Betriebe. Neue Anforderungen gibt es vor allem in den Bereichen Food-Safety, Food-Defense und Food-Fraud – auf gut Deutsch: Lebensmittelsicherheit, Schutz von Lebensmitteln und Lebensmittelbetrug. Die Lebensmittelverordnungen der jeweiligen Länder müssen zwingend eingehalten werden. Sowohl im Land, in dem produziert wie auch im Land, wo die Lebensmittel verkauft werden. Die Übergangsphase läuft noch bis zum 30. Juni 2019. Informationen über die wichtigsten Änderungen sind auch online verfügbar.

d80 0680Alfred Meyer Hagen, Meyer Rechtsanwälte. Foto: Franziska Studhalter von ManagEvent

Unterschied zwischen Täuschung und Betrug ist fliessend

Unter dem Titel «die Abenteuer des Pinocchio» berichteten Alfred Meyer Hagen und Ute Verbeck von den Meyer Rechtsanwälten über ihre Praxiserfahrungen mit Food Fraud. Sie erklärten dies gut verständlich an zwei Beispielen. Bei Thunfisch kann der Farbveränderungsprozess mit entsprechenden Hilfsmitteln massiv beeinflusst werden. Durch Zugaben von Myoblobin und Stickoxid entsteht Nirtosomyoglobin. So bleibt das Thunfischfleisch länger rot und erscheint für die KonsumentInnen auch nach längerer Lagerung noch frisch. Das ist gemäss der Lebensmittelverordnung zwar nicht erlaubt, doch nachweisen kann man es kaum. Das zweite Beispiel betraf den Einsatz von Fipronil bei der Haltung von Legehennen. Fipronil ist ein Breitbandinsektizid, das für Saatgutbehandlung zugelassen ist, jedoch nicht für die Anwendung bei Tieren. Es mussten mehrere Millionen Eier sowie Tonnen von verarbeiten Produkten vom Markt genommen werden. Die ExpertInnen kamen nämlich zum Schluss, dass die tolerierbaren Rückstandswerte sowohl beim Ei wie bei den Verarbeitungsprodukten überschritten waren. Wer wusste was und wer ist dafür verantwortlich? Verschiedene Anwälte beschäftigen sich immer noch mit diesen Fragen. War es Täuschung oder Betrug? Lernprozess aus diesen Beispielen: Für 12 Substanzen wurde eine Risikoliste erstellt.

Die drei Elemente des Betrugs

Was begünstigt Food Fraud? Ernährungstrends wie z.B. Granatapfelsaft oder komplexe und lange Lieferketten z.B. von China nach der EU. Auch stark verarbeitete Produkte und neue, noch nicht bekannte Inhaltsstoffe, bieten Gelegenheiten für Betrug. Selbstverständlich begünstigen auch Sparmassnahmen auf Kosten der Kontrollen die Ausbreitung von Lebensmittelbetrug. Etwa wenn nur. nationale Kontrollen drin liegen oder niemand an der Aufdeckung interessiert ist. Fazit: es braucht koordinierte Überwachungsmassnahmen. Ein gutes Beispiel dafür: Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) beherbergt seit Juli 2013 die gemeinsame Zentralstelle „Kontrolle der im Internet gehandelten Erzeugnisse des LFGB und Tabakerzeugnisse“, kurz G@ZIELT. Es braucht aber auch von den produzierenden Unternehmen klare Strategien zur Risikominimierung: Rückverfolgbarkeit, entsprechende Zertifizierungen, ein funktionierendes Whistleblower-System, Prozesskontrollen und Audits.

d80 0864Foto: Franziska Studhalter von ManagEvent

Mit weiteren Referaten wurde der Tag hervorragend ergänzt und abgerundet. Das Schlussbouquet bot Rüdiger Budruss, Leiter der Seafoodabteilung bei Micarna: Er erzählte, dass beim weltweiten Fischhandel viel Unfug betrieben wird. Teilweise wird die Ware vom Fang bis zum Endprodukt über mehr als 50'000 Seemeilen transportiert und mehrmals gefroren. Die privaten Biolabels wie Bio Suisse, Demeter, Naturland und Migros-Bio würden jedoch sehr seriös arbeiten.

Der nächste Lebensmitteltag findet am 11. April 2019 statt.

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