Facettenreich war das Programm des sechsten Lebensmitteltages (LMT) - und der Saal war wiederum proppenvoll. Die bekannte Fernsehfrau Daniela Lager moderierte den Anlass.

nky 20190411 110751 1024x683Daniela Lager und Referent Roger Stephan. Bild: LMT

Markus Johann // Der diesjährige Lebensmitteltag LMT im Hotel Schweizerhof in Luzern war vielfältigen Themen gewidmet. Felix Müller, CEO von SQS begrüsste die TeilnehmerInnen im Namen der «Hausherren» bio.inspecta und SQS. Daniela Lager leitete dann die Tagung ein, indem sie von ihren Gedanken beim Essen in ihrem Lieblingsthailänder-Restaurant erzählte. Sie habe jeweils Mühe, wenn sie an Rückständen beim Gemüse denke, oder dass das Poulet krankheitserregende Viren enthalten könnte. Oder sie fragt sich, ob die Fischsauce vielleicht nicht nach den Schweizer-Standards produziert worden sei. Ob sie zukünftig noch thailändisch essen gehen wird, das macht sie vom Verlauf der Tagung abhängig. Als Konsumentin brachte sie auch gleich noch ihren Ärger über die in Plastik eingeschweisste Bio-Gurke an.

Bewertung der Pestizide – Stolperfallen bei Bioprodukten

Daniel ImhofDaniel Imhof, Kantonschemiker der Urkantone. Bild: Markus Johann

Im ersten Referat berichtete Daniel Imhof, Kantonschemiker der Urkantone, dass die EU kürzlich 3 Insektizide aus der Gruppe der Neonicotinoide verboten hat, diese in der Schweiz jedoch noch zugelassen sind. Vor 25 Jahren waren Pestizidrückstände in Lebensmitteln noch kein Thema. Heute gilt dafür die EU-Vorordnung 396/2005 in einem Umfang von 3245 Seiten. Und die Verordnung des eidgenössischen Departement des Innern (EDI) über die Höchstgehalte von Pestiziden in Lebensmitteln vom 1. Mai 2018 umfasst auch 202 Seiten. Bei den Pestiziden ist der Höchstwert jeweils auch automatisch der Grenzwert. Lebensmittel, die diesen Grenzwert überschreiten, dürfen nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Es gibt keine extra Höchstgehalte für Bio-Lebensmittel. Es existiert jedoch eine Weisung zum Vorgehen bei Rückständen im Bio-Bereich – diese gehört zur Bio-Verordnung.

Ob denn eine HACCP-Analyse (HACCP auf Deutsch: Risiko-Analyse Kritischer Kontroll-Punkte) überhaupt nötig sei, fragte Imhof dann etwas provokativ. Ja, die sollte man unbedingt machen, war darauf seine eigene Antwort. Die IG Bio habe dazu kürzlich eine Branchenlösung für eine gute Herstellpraxis erarbeitet. Am Schluss seines Referates gab Daniel Imhof dann noch persönliche Tipps: Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie sollten wieder mehr regional denken. Und die KonsumentInnen mehr überlegen, was sie einkaufen und essen würden.

GVO im Lebensmittelalltag – aktuelle Situation und Herausforderungen

Bei gentechnisch veränderte Organismen (GVO) seien die Herausforderungen für die Bio-Branche immer grösser. Das teilte Bernadette Oehen vom Departement für Sozioökonomie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) gleich am Anfang ihres Referates mit. Sie verfolgt das Thema seit mehr als 25 Jahren. Am Anfang der 90er Jahre wurden GVO über Futtermittel aus den USA in die Schweiz gebracht. Darauf gab es in der Bevölkerung grosse Diskussionen und es kam zu der Genschutzinitiative. Das war das erste Mal, dass sich die Schweizer Bevölkerung sehr intensiv mit den Lebensmitteln auseinandergesetzt hat. Die GVO-frei Initiative wurde 2005 angenommen. Das Parlament hat das Moratorium bis 2021 verlängert.

Bei der Entwicklung von GVO-Pflanzen versprach die Industrie viel. Vor allem die Herbizid- und Insektizid-Toleranz wurden als grosse Innovationen angekündigt. GVO-Mais wird heute in der EU vor allem in Spanien und Portugal angebaut. Es bildet infolge eines eingeführten bakteriellen Gens in allen Pflanzenteilen einen insektiziden Stoff, das gegen den Maiszünsler wirkt. Über Pollen wird das Toxin aber weiterverbreitet. Und wirkt nicht nur gegen Maiszünsler, sondern tötet zum Beispiel auch die Schmetterlingslarven auf den Brennnesseln von Nachbarfeldern. Gentechnisch veränderte Pflanzen werden vor allem in grossen Monokulturen von Mais, Soja und Raps in den USA, Brasilien und Argentinien angebaut.

Bernadette OehenBernadette Oehen vom Departement für Sozioökonomie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL). Bild: Markus Johann

In vielen Ländern der EU ist der Anbau von GVO-Pflanzen hingegen immer noch verboten. An dieser Situation wird sich auch nicht viel ändern. In der Schweiz ist der Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen im Umweltschutzgesetzt geregelt. Das Inverkehrbringungsgesetz des Bundesamtes für Landwirtschaft regelt die Anwendung. Vier Gentech-Linien sind bewilligt. Drei für Mais und eine für Soja. Der Lebensmittelhandel verzichtet in der Schweiz jedoch freiwillig auf den Verkauf von Produkten, die gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten. Futter- und Lebensmittel mit GVO-Anteilen unterliegen zwar einer sehr strengen Kennzeichnungspflicht. Allerdings sieht das Gesetz einen Schwellenwert von 0,9 Massenprozent vor, unterhalb dessen die Deklaration von GVO nicht zwingend ist. In der EU zählt die neue CRISR/Cas-Technik nach dem kürzlichen Urteil des europäischen Gerichtshofs bis 2024 noch zu der Gentechnik. Danach wird neu entschieden.

Gute Wasser- und Händehygiene reichen gegen übertragene Krankheiten

In einem weiteren sehr spannenden Referat berichtete Roger Stephan vom Institut für Lebensmittelsicherheit und –hygiene der Universität Zürich, dass im 2015 weltweit mehr als 200 Krankheiten über Lebensmittel übertragen wurden und über 2 Mio. Menschen an Lebensmittelvergiftungen starben. Meist werden solche Krankheiten von Mensch zu Mensch übertragen. Deshalb ist eine gute Wasser- und Händehygiene auch die beste Prophylaxe dagegen.

Mit drei weiteren Referaten wurde der Tag hervorragend ergänzt und abgerundet. Das Schlussbouquet bot Daniel Kobler, der Produktionsleiter von Ricola. Er erzählte von seinen Erfahrungen mit Lean Management, das sich bei Ricola sehr positiv ausgewirkt habe. Lean Management betont die Prinzipien einer schlanken (Englisch: lean) Organisation. Dabei werden Kundenbedürfnisse ins Zentrum gestellt, die Wertschöpfungskette optimiert und die MitarbeiterInnen stark einbezogen. Wertschöpfung und Wertschätzung sollen so harmonieren.

Der nächste Lebensmitteltag LMT findet am 2. April 2020 statt.

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