Eine sympathische Bäuerin wirbt mit Sohn auf einem Plakat: «Die Hälfte der Pflanzenschutzmittel, die wir Bauern einsetzen, sind heute schon biologisch.» Die Botschaft dahinter, die gegen die Trinkwasser- und die Pestizid-Initiative gerichtet ist: «Pestizide sind doch kein Problem. Alles nur Panikmache von der Bevölkerung, die keine Ahnung von Landwirtschaft hat.» Leider verkauft die sympathische Bäuerin die Konsument*innen für dumm.

azure damselfly 76964 1280Pestizide gefährden Insekten. Bild: Pixabay 

Fausta Borsani // Nach der Pflanzenschutzmittelstatistik des Bundesamts für Landwirtschaft wurden im Jahre 2018 hierzulande 2087 Tonnen Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe verkauft, die Zahlen von 2019 sind noch nicht bekannt. Rund 40 Prozent (849 Tonnen) dieser 2087 Tonnen besteht aus Wirkstoffen natürlichen Ursprungs, die auch für den Biolandbau zugelassen sind. Dazu zählen z.B. Schachtelhalmextrakt, Kaolin, Kupfer, Schwefel u.a. – die meisten von ihnen sind harmlos, vereinzelte wie Kupfer oder Spinosad sind schädlich für Mikroorganismen, Wasserlebewesen oder Insekten. Allerdings ist ihre Giftigkeit nicht vergleichbar mit der von klassischen Pestiziden im konventionellen Landbau.

In kleinsten Mengen hochgiftig

Eine Vielzahl von Wirkstoffen für den konventionellen Landbau sind selbst in kleinsten Mengen extrem giftig für Mensch und Natur. Die Gesamtmenge der verkauften Pflanzenschutzmittel enthält also sowohl harmlose Pflanzenschutzmittel wie hochgiftige Pestizide. Aus der Menge allein kann das Risiko dieser Stoffe  für Mensch und Umwelt nicht beurteilt werden. So reichen etwa 10 Gramm des sehr giftigen Insektizids Lambda-Cyhalotrin zur Behandlung eines Rapsfeldes von einer Hektare gegen Rapsglanzkäfer. Will demgegenüber eine Bio-Bäuerin gegen Rapsglanzkäfer vorgehen, muss sie pro Hektare  fünfundzwanzig Kilogramm des biologischen Pflanzenschutzmittels Kaolin (ein Steinmehl) einsetzen – also eine 2'500 Mal grösser Menge als Lambda-Cihalothrin. Kaolin hält Insekten fern, weil es auf der Pflanze eine Barriere bildet. Es tötet die Insekten aber nicht.

Auf 60'000 Hektaren sämtliche Nützlinge töten

Wenn nun anstelle von künstlichen Pyrethroiden wie Lambda-Cyhalotrin, harmloses Steinmehl verwendet wird, steigt in der Statistik die Verkaufsmenge an Pflanzenschutzmitteln an, obwohl die Auswirkungen auf die Umwelt abnehmen. Daher sagt die Verkaufsmenge allein wenig aus. Mit der Menge an verkauftem Kaolin im Jahr 2018 von 20'000 Tonnen können 800 Hektaren ohne Schädigung der Nützlinge behandelt werden. Demgegenüber reichen die im gleichen Jahr verkauften 600 Kilo Lambda-Cyalotrin aus, um auf 60'000 Hektaren nebst den Schadinsekten sämtliche Nützlinge zu töten. Ausserdem gelangt Lambda-Cyhalotrin in Gewässer und gefährdet dort Fische und weitere Wassertiere.

Die Bevölkerung hat es längst verstanden - pestizidfrei

Die enormen Nachteile des Einsatzes von giftigen Pestiziden haben sich herumgesprochen: Rückgang der Insekten, Bienensterben, Fischsterben, Vogelsterben, Zerstörung von Lebensräumen in Wasser und Boden, Resistenzen, verseuchtes Trinkwasser, erhöhte Gefahr von Krebs und anderen Krankheiten beim Menschen. Die Bevölkerung lässt sich darum hoffentlich nicht für dumm verkaufen – auch von sympathischen Bäuerinnen nicht - und stimmt für eine nachhaltige Landwirtschaft ohne Pestizide.

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