- 31. Januar 2022
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Seit 2005 ist der kommerzielle Anbau gentechnisch veränderter Organismen verboten, erlaubt ist nur die Forschung. Das Parlament hat das Moratorium bereits drei Mal verlängert. Nun will der Ständerat gentechnisch veränderte Organismen zulassen, wenn sie kein Erbmaterial andere Art enthalten. Und die Nationalratskommission sucht den Kompromiss.
Der Ständerat entschied in der Wintersession, dass gentechnisch veränderte Organismen, denen kein artfremdes Erbmaterial eingefügt wurde, von der Verlängerung des Moratoriums ausgenommen werden. Die zuständige Nationalratskommission sucht nun einen Kompromiss. Mit 13 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung beschloss die Wissenschaftskommission des Nationalrats (WBK-N), dass der Bundesrat spätestens bis Mitte 2024 einen Entwurf für eine risikobasierte Zulassungsregelung für die neuen Züchtungstechnologien erarbeiten soll. Der Bundesrat soll also Ausnahmen vom Gentech-Moratorium prüfen.
Eine Schlüsselrolle bei der brisanten geplanten Aufweichung des Moratoriums spielt der Bauernverband (SBV), der bisher immer für dessen Verlängerung war. Wenn es nun nach dem SBV geht, sollen neue Züchtungstechnologien, zum Beispiel das Genom-Editing nicht mehr unter das Moratorium fallen. Pflanzen, die mittels neuer gentechnischer Verfahren hergestellt werden, sollen in Zukunft im Falle einer Zulassung, weder gekennzeichnet noch in getrennten Warenflüssen geführt werden.
Bionetz hat bereits die Argumente von KritikerInnen gegen die neuen Methoden zitiert, etwa von Eva Gelinsky von der Interessensgemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit. Sie sagt, dass auch mit der neuen Gentechnik artfremde Erbsubstanz in ein Organismus gebracht werden kann. «Es kann es passieren, dass sich Teile der Genschere ungewollt mit in die Erbsubstanz einbauen», weiss Eva Gelinsky. «Wie in den Jahren 2015 und 2016, als Rinder gentechnisch so verändert wurden, dass ihnen keine Hörner mehr wuchsen. Wie man erst 2019 feststellte, wurde dabei aber auch Erbgut von Bakterien, die im Verfahren eingesetzt wurden, in die Rinder «eingebaut». Man fand im Rindererbgut unter anderem vollständige Genkonstrukte, die eine Resistenz gegen Antibiotika vermitteln können.»
KonsumentInnen, Bio-Suisse und Kleinbauern sind alarmiert
Kritik gegen den Kompromiss der Kommission gibt es auch von der Stiftung für Konsumentenschutz. Mit der vom Bauernverband geforderten Aufweichung des Moratoriums würden Warenflusstrennung und Deklaration nicht geregelt. So aber würden die KonsumentInnen in die Irre geführt: «Auch neue Umfragen zeigen, dass die Konsumentinnen und Konsumenten Gentechnik ablehnen» heisst es in der Medien-Mitteilung.
Dieselbe Kritik äussern auch Bio- und Kleinbauern. Die Kleinbauernvereinigung moniert, der vorgeschlagene Kompromiss torpediere die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten. Und Bio Suisse schreibt: «Wird nun Gentechnik durch die Hintertür erlaubt, schafft das Unsicherheit.»
Quellen
Ein Entscheid gegen die Transparenz
Neue Gentechniken: Bio-Branche braucht Klarheit
Gentech-Moratorium: Konsumentenschutz kritisiert Kompromiss