Konsument*innen sind bereit, auch unschöne Kartoffeln zu kaufen – zumindest wenn sie darüber informiert werden, dass die deformierten Knollen geniessbar sind und Lebensmittelverschwendung verhindert wird. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope, die aufzeigt, wie durch gezielte Information der Verkauf von Kartoffeln mit Schönheitsfehlern gefördert werden kann.

herdopfel lidAuch unperfektes Gemüse schmeckt gut und trägt zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung bei. Bild: LID

Verbraucher*innen kaufen lieber die perfekte Knolle

In einer Online-Umfrage wurde rund 500 Personen jeweils ein Bild einer makellosen, festkochenden Kartoffel und eine weitere mit Schorf und leichten Verformungen gezeigt. Das Ergebnis war eindeutig: 71 Prozent der Befragten gaben an, dass sie die perfekte Kartoffel bevorzugen würden. Die unansehnliche, deformierte Knolle würde nur von 29 Prozent der Teilnehmer ausgewählt.

Doch das Bild änderte sich, sobald die Befragten über die Vorteile der weniger schönen Kartoffel aufgeklärt wurden. Sie erfuhren, dass die Kartoffel trotz ihres ästhetischen Makels einwandfrei essbar ist und durch den Kauf Foodwaste vermieden werden kann. Mit dieser Information stieg die Bereitschaft, die deformierte Knolle zu kaufen, auf 46 Prozent. Diese Ergebnisse zeigen das große Potenzial, das in der Aufklärung der Konsument*innen steckt.

Handel könnt mit mehr Information den Verkauf ankurbeln

Die Forscher*innen von Agroscope ziehen aus den Ergebnissen den Schluss, dass der Verkauf von unschönen Kartoffeln durch eine bessere Information der Verbraucher deutlich gesteigert werden könnte. Dabei müsse der Preis der «zweiten Wahl»-Ware nicht einmal gesenkt werden, vielmehr sei es entscheidend, dass Händler*innen ihre Kund*innen kontinuierlich mit entsprechenden Informationen versorgen. Schon heute könnten deformierte Kartoffeln schrittweise in die Regale aufgenommen werden, um den Konsument*innen diese Produkte näherzubringen.

Das Fazit der Studie ist klar: Der Lebensmittelhandel sollte Informationskampagnen starten, die über die Geniessbarkeit von Kartoffeln und anderem Gemüse mit Schönheitsfehlern aufklären. Diese könnten erheblich dazu beitragen, die Akzeptanz solcher Produkte zu steigern und so Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen.

Erste Schritte bei großen Einzelhändlern

Bereits heute setzen Einzelhändler wie Migros und Coop auf Produkte, die ansonsten vielleicht im Abfall landen würden. Migros verkauft im Rahmen der M-Budget-Linie beispielsweise auch unperfekte Rüebli und Kartoffeln und hat im Jahr 2022 rund 4000 Tonnen «zweiter Klasse»-Produkte abgesetzt. Auch Coop hat mit seiner Marke Ünique eine Linie etabliert, die krumme Rüebli oder verfärbten Bioknoblauch umfasst. Im Jahr 2023 konnte der Einzelhändler damit 2725 Tonnen Gemüse und Obst retten.

Trotz dieser Bemühungen sieht der Handel aktuell keine Notwendigkeit für zusätzliche Informationskampagnen direkt am Regal. Coop betont, dass man auf verschiedenen Kanälen bereits die Aufmerksamkeit der Konsument*innen für das Thema Foodwaste schärfe, etwa durch Produkte mit dem Sticker «Verwenden statt verschwenden», die auf die baldige Ablaufzeit hinweisen.

Warum der Kauf im Laden anders aussieht

Ob die Bereitschaft, deformierte Kartoffeln zu kaufen, auch tatsächlich in den Supermarkt übertragen werden kann, bleibt abzuwarten. Die Forscher räumen ein, dass in ihrer Umfrage das Verhalten der Konsument*innen in einer kontrollierten Umgebung untersucht wurde. In der Realität könnten viele Einkaufende erneut zur perfekten Knolle greifen, auch wenn sie in der Umfrage angeben, die unschöne Kartoffel zu unterstützen. Schliesslich könnten soziale Normen und die Vorstellung von «guten» und «schlechten» Lebensmitteln dazu führen, dass die Verbraucher in der Praxis eine andere Wahl treffen.

Dennoch ist das Potenzial für die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung durch bewusstere Kaufentscheidungen und verstärkte Informationsmaßnahmen gross. Die Agroscope-Studie legt nahe, dass mit einer gezielten Aufklärung und einem sanften Umdenken der Konsument*innen der Verkauf von nicht perfekten Lebensmitteln gefördert und so ein Beitrag zur Bekämpfung von Foodwaste geleistet werden kann.

Quelle: «Schrumpelige und unförmige Kartoffeln bei Coop und Migros: Kundschaft würde sie kaufen», Watson, 24.11.24

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