Mitte März 2014 stellte die Plattform Labelinfo.ch ein neues Labelrating vor. Wie der aktuelle Fall einmal mehr zeigt, führen Labelratings auf unserer Plattform zu angeregten Debatten. In diesem Sinne empfiehlt bionetz.ch den Gastkommentar von fair-fish-Co-Präsident Billo Heinzpeter Studer und die Replik von Simon Zeller (Labelinfo.ch) zur eigenständigen Meinungsbildung. Der folgende bionetz.ch-Beitrag weitet den Blick auf grundsätzliche Fragestellungen und Herausforderungen im Zusammenhang mit Label- und Ratingregelwerken.

Peter Jossi - Regelmässige Labelratings und Kampagnen zu kritischen Rohstoffen (z.B. Palmöl/ Soja) wollen eine Orientierungshilfe beim sozial-ökologisch korrekten Einkauf bieten. Diese Zielsetzungen treffen bei der von innovativen KMU geprägten Schweizer Lebensmittelbranche auf grosse Offenheit. Viele Betriebe sind längst existentiell darauf ausgerichtet, nach den Labelprogrammen der verschiedenen Vermarktungskanäle zu produzieren und flexibel auf neue Anforderungen einzugehen.

Labelchecklisten erfüllt – alles nachhaltig?

Hohe Labelanforderungen und verlässliche Zertifizierungsabläufe sind für die Glaubwürdigkeit zentral. Ein wichtiges und bekanntes Beispiel: Die Richtlinien der Bio Suisse setzen für die Schweizer Biolandwirtschaft den hoch stehenden und allgemein anerkannten Standard. Die Bio Suisse-Anforderungen zeigen auch in der Vermarktung eine starke Wirkung, sei dies durch die Kennzeichnung mit dem Knospe-Label oder als wichtige Referenzgrösse für andere Biovermarkter.

Die Labelregelwerke haben sich längst weit über die Kernanforderungen der Bioproduktion hinaus ausgeweitet. Immer neue Aspekte der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit werden zusätzlich integriert. Einen treibenden Faktor bilden die regelmässigen Labelratings. Wer bei der Bewertung gut abschliessen will, muss eine stetig wachsende Zahl an Kriterien schriftlich und verbindlich regeln. Sind sich die Organisationen, die hinter einem Labelrating stehen überhaupt bewusst, wie hoch der Aufwand für die Sicherstellung all dieser Anforderungen in der Unternehmenspraxis und den Zertifizierungsabläufen ist?

labels naturschutz.chLabelsalat oder wertvolle Vielfalt? (Bild: naturschutz.ch)

Innovation und Eigenverantwortung

Die Fachleute der Labelorganisationen und Zertifizierungsstellen sind sich heute einig, dass die Biobranche möglichst umfassende Antworten auf aktuelle sozial-ökologische Herausforderungen geben muss.

Die Integration neuer Zielsetzungen in die Richtlinien ist eines der Instrumente, um dies zu erreichen. Das umfassenste Labelregelwerk kann jedoch die soziale und ökologische Eigenverantwortung der Unternehmen nicht ersetzen. Im Gegenteil: Zu umfangreiche und praxisferne Vorschriften lähmen die Weiterentwicklung und allzu bürokratische Vollzugsaufwände können den Missbrauch indirekt sogar fördern.

Die meisten wirklichen Fortschritte sind heute durch einen gesunden Wettbewerb um die besten Lösungen gezielt zu erreichen. Dieser so genannte «Best Practice»-Ansatz basiert auf Eigeninitiative und der stetigen Suche nach der optimalen Lösung. Ein aktuelles konkretes Beispiel: Die Bio Partner Schweiz AG verlagert ihre Transporte ins Tessin konsequent auf die Bahn. Damit wird die Umweltbelastung reduziert. Welche Labelrichtlinie das Biogrosshandels-Unternehmen damit erfüllt ist sekundär. Entscheidend sind klar ersichtliche und messbare Verbesserungen für die Umwelt.

Labelinfo.ch – Inhaltliche Prüfung folgt 2015

Gemäss Auskunft von Labelinfo.ch liegt der Schwerpunkt des aktuellen Ratings auf der «Beurteilung der Glaubwürdigkeit» der verschiedenen Labels. Zum Beispiel bezüglich Transparenz bei der Labelvergabe und Zertifizierung.

Gleichzeitig verweisen die Labelinfo-Verantwortlichen in ihren Erläuterungen auf eine wichtige Einschränkung beim Rating 2014: «Labelinfo.ch hat die Inhalte der Labels genau beschrieben. Eine inhaltliche Bewertung wurde jedoch (noch) nicht durchgeführt.» Die Beurteilung 2014 erweist sich bei genauer Betrachtung deshalb bloss als «halbes Rating», weildie inhaltliche Bewertung erst 2015 folgen soll .

Für das gewählte Vorgehen mag es gute Gründe geben. Das hat aber bei der interessierten Branchenöffentlichkeit für einige Irritationen gesorgt. Gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit dürfte sich deshalb der gewählte Weg als schlichtweg nicht transparent und glaubwürdig kommunizierbar erweisen.

Positiv gesehen, besteht nun jedoch eine zweite Chance! Die Verantwortlichen von Labelinfo.ch können beim weiteren Vorgehen für eine nachhaltigere Bewertung ein Praxis näheres Vorgehen wählen. Denn eines ist sicher: Auch bei Ratingkampagnen ist ein stetiger Verbesserungsprozess dringend erforderlich.

 

 

 

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