Nachhaltige Zukunftsstrategie

Für das klassische Ingenieurverständnis ist die Herausforderung nicht wirklich neu: Mit beschränktem Input einen optimalen Output zu erzielen. Die im Rahmen der Lebensmitteltagung präsentierten Praxisbeispiele zur optimierten Ressourcennutzung sind denn auch entsprechend eindrücklich. Neue Technologien erlauben eine integrierte und vernetzte Prozesssteuerung, bis hin zu virtuellen Simulationen ganzer Wertschöpfungsketten.

Wie gross die Fortschritte der vergangenen Jahre bei der Ressourcenoptimierung sind, sei es beim Material- oder Energieverbrauch, zeigten verschiedene Beiträge der Lebensmitteltagung. Mit der „Overall Equipment Effectiveness” lässt sich beispielsweise ein verlässlicher und praxisnaher Schlüsselindikator (Key Performance Indicator, KPI) für den Auslastungsgrad eines ganzen Produktionsprozesses ermitteln, der als Basiswert für optimierte Abläufe dienen kann.

Schwieriger ist es, diese einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln, bei der kaum ein Verständnis für die Komplexität der Abläufe von Feld und Stall bis auf den Tisch vorausgesetzt werden kann. Mit der aktuellen Klimadebatte rückt bestenfalls die Thematik der Transportwege ins Bewusstsein.

Warten auf das nächste Labelrating?

Viele Unternehmen beschränken sich nicht auf die betriebliche Optimierung. Gut positionierte Labels und Eigenmarken mit Nachhaltigkeitsmehrwert erzielen heute im Umsatzanteile im zweistelligen Prozentbereich. Einzelne Produkte haben sich sogar als Marktleader etabliert. Bei Coop ist die Biomilch mittlerweile die meistverkaufte Pastmilch. Je nach Positionierung stehen dabei Bioqualität, Fair Trade, oder Herkunft (Swissness, Regionalität) im Vordergrund. Wie das aktuelle WWF-Labelrating auf mehr verwirrende als orientierende Art zeigt, fliessen die Schwerpunkthemen der verschiedenen Labelprogramme immer mehr zusammen.

So eindrücklich die Einzelleistungen sind: Der Schweizer Lebensmittelbranche fehlt insgesamt eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie, welche den gewerblichen und industriellen Betrieben bei aller Vielfältigkeit als Orientierungshilfe dienen könnte. In der täglichen Lebemittelpraxis fehlen fundierte Antworten auf teilweise berechtigte Kritik von KonsumentInnen- und Umweltorganisationen.

Kürzlich wurde z.B. im Rahmen einer „Kühe haben Hörner“-Kampagne sogleich die Forderung nach einer „Kuhhorn-Milch“ laut. Darauf lassen sich sachlich und fachlich sinnvolle Antworten finden, z.B. dass mit einer tiergerechten professionellen Herdehaltung der Anteil der horntragenden Kühe erhöht werden kann, ohne die Arbeitssicherheit zu gefährden.

Weitgehend ungeschützt ist die Branche gegenüber gezielten monothematischen Angriffen und Forderungen, die zunehmend über die virtuellen neuen Medien laufen und in kurzer Zeit erheblichen Imageschaden anrichten können. Wie reagiert die Branche etwa auf die Forderung kleiner aber global vernetzter und zunehmend aggressiver Gruppierungen, welche unter dem Titel „Animal Freedom“ , die generelle Abschaffung der Nutztierhaltung fordern und zum Boykott aller tierischen Lebensmittel aufrufen?!

Nachhaltigkeitsleistung: Gutes tun und kommunizieren!

Gefragt sind echte Orientierungshilfen bei der Definition der unternehmenseigenen Nachhaltigkeitsziele und ein regelmässiger Fachaustausch bei der Etablierung praxisfähiger Lösungen bei deren Umsetzung. Wie schafft es ein Unternehmen, sich mit einem Biovollsortiment auf dem Markt zu positionieren? Wie funktioniert eine konsequent regionale Vermarktung? Welche Massnahmen sind nötig, um einen industriellen Verarbeitungsbetrieb ausschliesslich mit erneuerbaren Energien zu betreiben? Wie lassen sich ganze Wertschöpfungsketten klimaneutral ausrichten?

Für solche Fragen werden von Lebensmittelfachleuten in der Praxis und angewandten Forschung schon heute selbstverständlich fachkundige Antwortungen vorausgesetzt. Mit konkreten Praxislösungen für diese Herausforderungen und deren proaktive Kommunikation kann die Schweizer Lebensmittelbranche auf ihrem guten Qualitätsimage aufbauen und dieses für die Zukunft sichern.

Peter Jossi

Zur Veranstalterin und zur Tagung

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