- 04. Dezember 2011
- Nachrichten | Branchen-News
Verschiedentlich nahmen wir hier den Begriff bzw. das Ziel der „Versorgungssicherheit“ auf's Korn. So u.a. Anfang Juli Anlässlich einer Publikation des Bundesamts für Umwelt (Umwelt 4/2011) seien hier einige Zahlen hinzugefügt.
Im Beitrag „Nährboden unter Druck“ ist zu lesen:
„Die Anbauschlacht war die einzige Schlacht, die unser Land im Zweiten Weltkrieg führen musste. Alles, was dazu einigermassen taugte, wurde unter den Pflug genommen. Das Ziel, die Bevölkerung ausreichend mit Nahrungsmitteln aus hiesigen Böden ernähren zu können, wurde dennoch verfehlt. Der Selbstversorgungsgrad stieg nie über 59 Prozent.
Seither sind die Hektarerträge um ein Vielfaches gewachsen. Obwohl heute viel weniger Anbauflächen verfügbar und viel mehr Menschen zu ernähren sind, ist der Anteil der Inlandproduktion an dem, was auf die Schweizer Esstische kommt, etwa gleich hoch wie damals. Zurzeit liegt er in Energieeinheiten gemessen bei 62 Prozent.“
Die Bildlegende spricht – bezugnehmend auf den Agrarbericht 2010 - sogar nur von 55%: „Nicht berücksichtigt sind bei dieser Darstellung die Futtermittel importe. Rechnet man sie ein, reduziert sich der derzeitige Selbstversorgungsgrad bei den tierischen Nahrungsmitteln auf 72 Prozent und gesamthaft auf 55 Prozent.“
Wie die Anteile bei den Bioimporten sind, ist vermutlich nicht bekannt. In einem grösseren Projekt wurden solche Zahlen für Deutschland durch die Agrarmarkt Informations-GmbH (AMI), das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), AgroMilagro Research und fleXinfo ermittelt.
Mit Hilfe einer Befragung der Importeure, Daten aus der Außenhandelsstatistik des Statistischen Bundesamtes von Unternehmen, die sich dazu bereit erklärt haben, sowie der Produktions- und Flächenanalyse in der Europäischen Union und den weltweit jeweils wichtigsten Lieferländern wurden die bisher unbekannten Importanteile bestimmt. Für Produkte, bei denen der Handel die Herkunft auszeichnet (Obst, Gemüse, Kartoffeln und Eier), wurden außerdem die Daten des GfKHaushaltspanels analysiert.
Ein überraschendes Ergebnis war der niedrige Importanteil von Getreide mit 15 Prozent. Beim Weizen allerdings kamen 21 Prozent der Partien aus dem Ausland. Der Anteil variiert je nach Menge und Qualität der deutschen Ernte, jedoch besteht in Rumänien, Russland und der Slowakei noch deutliches Steigerungspotenzial. Unerwartet hoch fiel mit 24 Prozent der Importanteil von Leguminosen, vor allem Futtererbsen, aus. Die Importe werden eine noch größere Rolle spielen, wenn die hundertprozentige Bio-Fütterung bei Bioschweinen und Biogeflügel Gesetz sein wird. Hierbei spielen auch die Ölsaaten mit den Sojabohnen hinein, die mit durchschnittlich 76 Prozent den größten Importanteil aller untersuchten Produkte aufweisen. Der Anbau in Deutschland ist zwar machbar, aber nicht ganz einfach, so dass hier noch deutliches Ausbaupotenzial besteht.
Beim Gemüse sind Möhren das mit Abstand absatzstärkste Produkt; sie werden auf 14 Prozent der deutschen Möhrenfläche angebaut. Da die einzelnen Betriebe ihre Anbauflächen nicht mehr vergrößern können, importiert Deutschland 48 Prozent der Möhren. Für eine höhere Produktion in Deutschland müssten zusätzliche Betriebe Flächen hinzunehmen. Die sehr hohen Importraten von Fruchtgemüsen wie Tomaten (80 Prozent) und Paprika (90 Prozent) sind der ganzjährigen Nachfrage von Produkten, die in Deutschland nicht immer wachsen, geschuldet. Bei Unterglasgemüse ist jedoch die Nachfrage nach regionaler Ware groß, so dass Anbauausweitungen möglich sind.
Bioäpfel und Biobananen sind die absatzstärksten Produkte beim Bioobst. Biobananen weisen natürlicherweise eine Importrate von 100 Prozent auf, bei den Bioäpfeln sind es immerhin noch 50 Prozent im Wirtschaftsjahr 2009/10. Da genau in diesem Zeitraum die Bioapfel-Fläche ausgeweitet wurde und nun mit 3.000 Hektar etwas mehr als 9 Prozent der gesamten Apfelfläche Deutschlands beträgt, ist bei entsprechenden Witterungsbedingungen mit einer Zunahme der deutschen Produktion und geringerem Importanteil zu rechnen.
Deutschland importiert 32 Prozent der Trinkmilch und 26 Prozent der Butter vor allem aus Dänemark und Österreich. Käse dürfte einen ähnlich hohen Importanteil haben. Andere Produkte wie Joghurt und Sahne dagegen kommen nahezu 100 prozentig aus Deutschland. In Milchmengen umgerechnet sind das, ohne die Käseimporte zu berücksichtigen, 16 Prozent der Milch.
Allerdings können auch diese Zahlen der Bioimportanteile nicht für die Schweiz verwendet werden. So liegt beispielsweise die Milchversorgungsquote der Bio-Schweiz bei 100%.
Das Argument „Versorgungssicherheit“ wäre gut verwendet, wenn es sich gegen die weitere Zersiedelung der Landschaft richten würde. Die Schweizer Bauern werden sich aber auch in Zukunft nicht davon abhalten lassen, Jahr für Jahr für 2 Mrd. CHF Bauland zu verkaufen. Wie wir früher festgehalten haben, richtet sich das Argument „Versorgungssicherheit“ gegen die Neuordnung landwirtschaftlicher Subventionen.