Greenpeace hat in der Schweiz erstmals Pestizide erfasst, die durch die Luft wirbeln. Die Ergebnisse sind erschreckend: Selbst dort wo keine Pestizide versprüht werden, nämlich bei BiolandwirtInnen, fanden die WissenschaftlerInnen viele Pestizide, die mit der Luft transportiert werden, selbst Spuren von DDT – ein seit dem 1972 verbotenes Insektizid.

doctor and nurse examine x raysEs braucht unabhängige Studien dazu, ob Krankheiten wie Parkinson oder bestimmte Krebsarten in Regionen mit hohem Pestizid-Einsatz überdurchschnittlich oft vorkommen. Bild: Burst

Fausta Borsani/ An vier Messstellen im Aargau, Thurgau und Wallis filterten spezielle Messgeräte (sogenannte Passivsammler) von Mai bis November 2019 Pestizide aus der Luft – sie waren alle auf dem Land von Bio-Betrieben aufgestellt. Insgesamt fanden die ForscherInnen 25 verschiedene Pestizidwirkstoffe oder deren Abbauprodukte: Vor allem präsent waren Fungizide. Am häufigsten traten Folpet, Captan, Chlorothalonil und Cyprodinil auf. Die ersten drei sind unter anderem vermutlich krebserregend und auch sehr giftig für Wasserorganismen. Cyprodinil kann allergische Hautreaktionen verursachen und ist ebenfalls sehr giftig für Wasserlebewesen. Folgende Herbizide kamen am meisten vor: Terbuthylazin - schädigt die inneren Organe beim Menschen und ist sehr giftig für Wasserorganismen, ausserdem Metolachlor und Pendimethalin - beide können u.a. Hautallergien verursachen und sind sehr giftig für Wasserorganismen. Auch das seit einigen Monaten verbotene Insektizid Chlorpyrifos kam verbreitet vor - es schädigt u.a. das Kind im Mutterleib und ist sehr giftig für Wasserlebewesen.

Luft verbreitet Pestizide

Die Messungen bestätigen eine vor kurzem in Deutschland veröffentlichte Studie. Auch wenn konventionelle Landwirte sie nach Vorschrift ausbringen, verteilen sich feinste Tröpfchen von Spritzmittelbrühe kilometerweit durch die Luft oder die darin enthaltenen Pestizidwirkstoffe verdampfen und werden mit der Luftmasse weitum verfrachtet. Selbst Stoffe, die kaum flüchtig sind, wie zum Beispiel das Herbizid Glyphosat, heften sich an Staubpartikeln und verbreiten sich mit dem Wind. Was der Pestizidcocktail in der Luft bei Menschen und Tieren bewirkt, ist nicht genauer bekannt, weil dies im Zulassungsverfahren bislang nicht geprüft werden muss. Immer mehr verdichten sich aber die Hinweise, dass davon eine Schadwirkung ausgeht.

Walliser Bio-Rebberg belastet

Der Standort im Walliser Bio-Rebberg war der am stärksten belastete der Untersuchung. Insgesamt 15 Pestizidwirkstoffe und Metaboliten wurden dort nachgewiesen. Unter anderem 4,4‘-DDE (Dichlordiphenyldichlorethen, ein Abbauprodukt von DDT). DDT ist seit 1972 verboten! DDT und andere Pestizide - wie das ebenfalls verbotene Atrazin - sind derart beständig, dass sie noch Jahrzehnte später in der Umwelt gefunden werden. Und man kann nicht ausschliessen, dass sie verbotenerweise eingesetzt werden.

Zulassung verbessern und Anwendung strenger regulieren

Greenpeace fordert von Bund und Parlament u.a., dass das Ausbringen von Pestiziden mit Helikoptern verboten und der Drohnen-Einsatz stärker reglementiert wird. Behörden und Politik sollen sicherstellen, dass die Bevölkerung und auch der Biolandbau vor Pestizid-Drift geschützt werden. Ausserdem sollen unabhängige WissenschaftlerInnen untersuchen, ob Krankheiten wie Parkinson oder bestimmte Krebsarten in Regionen mit hohem Pestizid-Einsatz überdurchschnittlich oft vorkommen. Das Zulassungssystem für Pestizide soll unabhängig, transparent und umfassend werden und die menschliche Gesundheit viel dezidierter berücksichtigen. Um gemäss dem Vorsorgeprinzip die Bevölkerung und die Natur besser zu schützen, sollen zudem alle AnwenderInnen von Pestiziden digital und lückenlos aufnehmen, wo und wann sie welchen Wirkstoff in welchen Mengen versprühen. Wer Bio-Lebensmittel einkauft, unterstützt den dringend nötigen Wandel der Lebensmittelproduktion.

Hier geht es zur Studie «Pestizide in der Schweizer Luft - Untersuchung mit Passivsammlern von Mai bis November 2019»
Zur Medienmitteilung von Greenpeace
Zur Sendung Espresso: «Wind bläst chemische Pestizide auf Bio-Höfe»
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