Wenn die Wirtschaft wächst, geht dies meist auf Kosten des Klimas - das ist zumindest die Meinung vieler Wachstumskritiker. Ein neuer Expertenbericht der Uno zeigt: Wirtschaftskraft und Klimaschutz können sich gegenseitig stützen, wenn die Aufgabe richtig angepackt wird. Gemäss der Studie könnten die Bauern ihr Einkommen steigern.

Wachsende Wirtschaft und besserer Klimaschutz - passt das zusammen? Die weit verbreiteten Vorstellungen vieler Menschen zum Thema scheinen nahezulegen: Nein. Doch die Überzeugung, beide Ziele seien zugleich unmöglich zu erreichen, komme bei genauerer Betrachtung einem «Mythos» gleich, sagt der Finanzexperte und frühere deutsche Weltbank-Vizepräsident Caio Koch-Weser.

Wirtschaftswachstum, eine sichere Energieversorgung und Klimaschutz liessen sich gleichzeitig umsetzen - «wenn es gelingt, verlässliche politische Rahmenbedingungen zu schaffen, nachhaltige Investitionen zu tätigen und Anreize für Innovationen zu setzen».

Ergänzen und gegenseitig voranbringen

Koch-Weser ist gemeinsam mit der Globalen Wirtschafts- und Klimakommission - einem Zusammenschluss von 24 Experten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft - zu diesem Schluss gekommen. Am Dienstag stellte die Gruppe unter dem Vorsitz des früheren mexikanischen Staatspräsidenten Felipe Calderón und des britischen Wirtschaftswissenschaftlers Nicholas Stern im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York ihren Bericht vor.

Die nach Angaben der Autoren wichtigste Erkenntnis: Klimaschutz und Wirtschaftswachstum sind parallel prinzipiell möglich, sie können sich sogar ergänzen und gegenseitig voranbringen. Und: Die kommenden 15 Jahre sind entscheidend für die Frage, ob das gelingen kann.

schweizer bauer 34428 1Laut der UNO-Studie müssten derzeit nicht für die Landwirtschaft genutzte Flächen «wiederbelebt» werden (Bild: schweizerbauer.ch).

Sinnvolle Investitionen gefordert

In dieser Zeitspanne wird sich den Prognosen der Experten zufolge einiges verändern. Die Weltwirtschaft wird um mehr als die Hälfte wachsen, eine Milliarde mehr Menschen werden in Städten leben, technologische Veränderungen werden ihr Leben und Arbeiten weiterhin stark verändern. Und rund 90 Billionen Dollar dürften weltweit in die Infrastruktur investiert werden.

Dieses Geld müsse sinnvoll und im Bewusstsein eines stärkeren Klimaschutzes ausgegeben werden, fordern die Fachleute nun - zum Beispiel in die öffentlichen Verkehrssysteme von Städten. Das reduziere die Luftverschmutzung, Treibhausgas-Emissionen könnten eingespart werden. Auch in erneuerbare Energien müsse investiert werden, um die Abhängigkeit von der Kohle zu verringern. Dann liessen sich auch die Subventionen für fossile Brennstoffe abbauen.

Landwirtschaftsflächen rekultivieren

Die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks wertet den Bericht als Beleg für die besondere Rolle der erneuerbaren Energien: «Klimaschutz ist zum Wachstumsmotor geworden», sagte sie. Dies sei auf eine ganze Reihe von technologischen Durchbrüchen zurückzuführen - nicht zuletzt solche bei erneuerbaren Energien.

Doch die Studie geht in ihren Empfehlungen noch weiter: Derzeit nicht für die Landwirtschaft genutzte Flächen müssten etwa weltweit wiederbelebt werden. Wenn das bei nur zwölf Prozent geschehe, könnten schon 200 Millionen Menschen ernährt und das Einkommen der Bauern um 40 Milliarden Dollar pro Jahr erhöht werden.

Forschungsausgaben erhöhen

Die Investitionen in die Erforschung und Entwicklung klimafreundlicher Technologien sollten den Forderungen der Experten zufolge ausserdem verdreifacht werden. Wenn dies alles konsequent umgesetzt würde, könnte es das Weltwirtschaftswachstum bereits in den kommenden 5 bis 15 Jahren deutlich stärken, heisst es in dem Bericht. Bislang handelt es sich allerdings nur um Vorschläge. In den kommenden Monaten wollen die Experten weltweit bei Unternehmen für ihre Ideen werben.

Zuvor gibt es aber noch einen wichtigen Termin, bei dem die Untersuchung ebenfalls diskutiert werden soll: Am nächsten Dienstag steht in New York vor der UN-Vollversammlung ein Klimagipfel an, für den sich neben UN-Generalsekretär Ban Ki Moon auch schon zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus aller Welt angesagt haben.

Quelle: schweizerbauer.ch

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