(Oekolandbau.de) - Currywurst oder Biokäse - was der Einzelne gerade als "gutes" Essen empfindet, hängt von vielen Faktoren ab. Das wurde auf der Herbsttagung der Assoziation ökologischer Lebensmittel-Hersteller (AoeL) deutlich, bei der am 27.10.2009 in Staatsbad Brückenau der Zusammenhang zwischen Ernährungskultur und Lebensmittelqualität diskutiert wurde.

Fast 50 Unternehmer nahmen an der Veranstaltung teil.

Dr. Gunther Hirschfelder, Privatdozent für Volkskunde an der Universität Bonn, betonte: "Eigentlich müssten sich Biolebensmittel am Anfang des 21. Jahrhunderts längst durchgesetzt haben. Doch angemessene Ernährung ist mehr als Summe von Lebensmitteln." Mit einem Streifzug durch die Geschichte des Essens veranschaulichte Hirschfelder, was noch dazugehört: Während die Ägypter das Mahl nur als Anlass für philosophische Gespräche nahmen, legten die Römer Wert auf veredelte Produkte. Im Mittelalter kam es den Menschen nur auf das Sattwerden an; einige Jahrhunderte später wollte man seinen Reichtum durch exotische Gewürze demonstrieren. Die Erfindung der Fertigprodukte habe schliesslich die Demokratisierung der Ernährung eingeläutet, sagte Hierschfelder. Neuerdings spielten immer mehr Faktoren wie "Genuss kontra Frust", Nahrungszubereitung als Event und schnelle Verzehrbarkeit eine Rolle.

Die Ernährungsökologin Carola Strassner wies darauf hin, dass die Menschen in der Theorie sehr genau wüssten, wie sie sich richtig ernähren sollten. Doch seien sie durch die grosse Auswahl - auch an nachhaltigen Lebensmitteln - schlicht überfordert. So gebe es neben Bioreis fair gehandelten Reis und Feinschmecker-Reis einer Kooperative. "Wer versteht schon die Flut von Siegeln?", fragte Strassner. Die Herausforderung bestehe darin, die umfassende, komplexe Qualität von nachhaltigen Lebensmitteln möglichst einfach, aber dennoch wahr zu kommunizieren.
Der Geschäftsführer von Huober-Brezel und Vorstand der AoeL, Karl Huober, machte deutlich: "Ernährung ist ein geistiges Verdauungsproblem. Wir brauchen aktive Verbraucher."

Doch wie versiert kann ein Verbraucher überhaupt sein angesichts einer Industrie, die Milliarden dafür ausgibt, um Appetit auf mehr oder weniger fragwürdige Produkte zu machen? Diese Frage stellte der Redner Manuel Pick, als stellvertretender Geschäftsführer der Ökologischen Molkereien Allgäu ÖMA Beer. Er selbst bezeichnete sich als bestes Beispiel dafür, dass Bio in der Mitte der Gesellschaft - und damit im Regal der Supermärkte - angekommen ist. Das allerdings stelle die Branche vor neue Herausforderungen, so Pick. "Büsst ein Biomüsli nicht an Nachhaltigkeit ein, wenn seine Verkäuferin im Einzelhandel unter Tarif bezahlt wird?", fragte Pick. Er ermutigte seine Mitstreiter deshalb, gemeinsam an der Weiterentwicklung der Volkswirtschaft zu arbeiten.

Diplom-Designer Harald Stöcker führte vor, wie der Mehrwert der ökologischen Lebensmittel vermittelt werden kann: "Die Menschen sehnen sich im Grunde nach Erdung und Glaubwürdigkeit." Am Beispiel von seinen Kampagnen zu Brot und Wurst zeigte er auf, wie an die Wurzeln der Lebens-Mittel zu gelangen ist. Es gehe darum, die historisch gewachsenen Werte zu entschlüsseln. Diese könne man dem Kunden schmackhaft machen - und den Verarbeitern. Wer wisse, was "die Mühle" früher symbolisierte, sehe seine eigene Arbeit als Mehlhersteller mit anderen Augen, erläuterte Stöcker.

Der AoeL-Geschäftsführer Dr. Alexander Beck fasste abschliessend zusammen: "Die Tagung hat allen Teilnehmern neue Impulse für ihre Arbeit gegeben, und zwar auch im gesellschaftlichen Kontext. Vor allem aber treibt sie uns an, auf unserem Weg der ökologischen Lebensmittelherstellung mutig weiterzugehen und setzt neue Akzente für unsere Entwicklung."

Quelle: Pressemitteilung der AoeL (PDF-Datei)

Copyright: Oekolandbau.de, 03.11.2009

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