Im Mittelpunkt der 4. Fachkonferenz Brennpunkt Nahrung: 4.0 vom 6. November 2018 in Luzern standen folgende Fragen: Wie kann die digitale Vernetzung Prozesse optimieren und Qualität verbessern? Wie sieht eine 100-prozentig digitale Wertschöpfungskette aus? Wie wird sich der Online-Handel mit Lebensmitteln in Europa entwickeln?

IMG 5465 KopieUnter dem Titel «Navigate the digital future of food legte Dr. Stephan Siegrist, Gründer und Leiter des Think Thanks W.I.R.E, im ersten Referat des Tages dar, was von der digitalen Revolution zu erwarten ist. Bild: zVg

Markus Johann // Etwa 300 Teilnehmende von allen Bereichen der Lieferkette diskutierten Lösungen für die sogenannte letzte Meile zwischen Verkauf und Konsum, sowie über die wirklichen Bedürfnisse der vernetzten Konsumentin. Gleich vorneweg: die digitale Transformation wird zwar zügig voranschreiten, den gesunden Menschenverstand und den sozialen Kontakt jedoch - mindestens in absehbarer Zeit - nicht ersetzen.
Die Anbieter versprechen immer wieder Neues und das bedingt, dass die KonsumentInnen genau hinschauen. Denn, «in der Realität lässt sich die Zukunft nicht voraussehen, insbesondere Technologieprognosen sind oft falsch», so Dr. Stephan Siegrist, Gründer und Leiter des Think Thanks W.I.R.E.

Chancen und Gefahren

Veränderungern sind aber auch Chancen, besonders für unsere Gesundheit und die Nachhaltigkeit. Das technologische Fundament der Digitalisierung ist: generieren, speichern, verarbeiten und übertragen. Für den Einzelnen sowie für Organisationen heisst es vernetzten, automatisieren, virtualisieren und realisieren. Dafür werden laufend mehr Daten generiert: alle Bewegungen von Handynutzern der Stadt Genf wurden im 2016 etwa während 24 Stunden erfasst. So werden den KonsumentInnen zukünftig mehr auf sie speziell zugeschnittene Dienstleistungen und Produkte angeboten. Wo kann man gerade in der Nähe den bevorzugten Kaffee geniessen? Die App macht Vorschläge und liefert die Wegbeschreibung. Was bedeutet das konkret für das Food- und Retailumfeld? Die App liefert Ernährungstipps und die App findet den perfekten Soundtrack zum Champagner-Dinner. Robot-Food-Kritiker beurteilen thailändisches Essen. Als Basis für eine massgeschneiderte Diät dient die DNA-Analyse: Dafür reicht eine schnelle und günstige Haaranalyse in einem zentralen Labor.
Transparenz beim Kaufentscheid, Personalisierung der Daten, Automatisierung in der Zubereitung von Essen, künstliche Nahrungsmittel wie z.B. im Labor produziertes Ersatzfleisch und Inszenierung der Ästhetik, so fasst Stephan Siegrist die wichtigsten Trends zusammen. Es gibt aber auch Grenzen, denn mehr Daten führen nicht automatisch zu besseren Erkenntnissen. Die Zahl der falschen Korrelationen steigt schneller als die der korrekten. Mehr Daten erhöhen die Komplexität und führen zur Überforderung. Wir verarbeiten schon heute mehr als 70‘000 Daten pro Tag und die Komplexität steigt mit den Möglichkeiten. Bei immer mehr Optionen ist eine klare Orientierung umso wichtiger.

IMG 5471Von der Kuh bis zum Konsumenten – wie das Internet der Dinge die physische Welt verändert. Prof. Dr. Felix Wortmann, Professor für Technolgiemanagement Uni St. Gallen. Bild: zVg

Digitalisierung ist kein neues Phänomen. Es gibt viele Branchen, die sich in den letzten 10-15 Jahren grundlegend verändert haben. Die Fotografie etwa: vom Film zur Digitalkamera und weiter zum Handy. Oder die Musik von der Langspielplatte via Compact Disk zum digitalen Konsum. Einige traditionelle Handelshäuser, wie z.B. Quelle und Karstadt bekommen zunehmend Probleme oder sind teilweise schon liquidiert worden. Dagegen boomen Amazon, Zalando und andere digitale Einkaufsplattformen. Und die grossen Veränderungen der Industrie stehen uns noch bevor. Denn Digitalisierung wird durch technologische Entwicklungen getrieben. Die Kapazität von Computern verdoppelt sich alle 18 Monate. Und die Preise für die Technologie werden tiefer.

Die vernetzte Kuh

Felix Wortmann kommt aus dem Münsterland. Sein bester Freund ist dort Landwirt. Des Bauerns Kühe haben alle Sensoren, die sie überwachen. Sein Traktor ist mit GPS-Kommunikation ausgestattet. Damit kann Pflanzenschutz etwa viel gezielter eingesetzt werden. Bessere Daten, bedeutet also hier besseres Management. In den USA gibt es schon «UBER-Eat,» d.h. die Digitalisierung der Essenszubereitung mit neuer Technologie. Ein Beispiel ist die Kaffeemaschine, die automatisch beim Aufstehen angeschaltet wird. Oder der Herd, der mit dem Handy von unterwegs gesteuert wird. Immer mehr Apps ermöglichen immer mehr, etwa in der Analytik von Lebensmitteln. Das Internet der Dinge ist weder gut noch böse - es ist eine Technologie mit Chancen und Risiken. Wortmanns Schlussfazit: Man muss die Zukunft aktiv mitgestalten und nicht über die Entwicklung lamentieren.

IMG 5492Anitra Eggler, Digital Therapeutin und Buchautorin. Bild: zVg.
Gleich zu Beginn des Nachmittagsprogramms legte Anitra Eggler, Digital Therapeutin und Buchautorin, dar, wo vor allem die Gefahren der digitalen Revolution liegen. Es besteht die grosse Gefahr, dass wir von den digitalen Hilfsmitteln immer mehr abhängig werden. Aus ihrer eigenen Erfahrung braucht es dringend digitale Entschleunigung. Werden wir besser, selbstbestimmter und smarter!

Zur Medienmitteilung der Veranstalter.

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