Plastikproblem bleibt ungelöst
Das UNO-Abkommen gegen Plastikabfall ist gescheitert. Die Mehrheit strebte zwar eine Beschränkung der Plastikproduktion an. Dagegen wandten sich Länder, die Öl als Rohstoff dafür fördern.
Der weltweite Plastikverbrauch steigt seit 35 Jahren stetig an. Bild: Pixabay
«Die Differenzen zwischen ambitionierten Staaten, darunter die Schweiz, und den Ölländern waren offenbar zu gross: Es kam zu keiner Einigung darüber, wie die Plastikproduktion reduziert und problematische Produkte kontrolliert werden könnten», schreibt SRF nach dem Abschluss des zweiten Teils der fünften Verhandlungsrunde (INC-5.2) für das erste weltweite Abkommen gegen Plastikverschmutzung.
Gefährliches Spiel mit der Gesundheit
Uneinigkeit herrschte gemäss Bundesamt für Umwelt BAFU unter anderem darüber, inwieweit der Vertrag ein Ziel für nachhaltige Produktion und nachhaltigen Verbrauch von Plastik beinhalten soll, über den Umgang mit Kunststoffprodukten, welche für die menschliche Gesundheit und die Umwelt problematisch sind, sowie darüber, wie die finanzielle Unterstützung für die ärmsten Länder umgesetzt werden soll. Der Text des Abkommens enthielt kein langfristiges Ziel für eine Begrenzung der Produktion, abgesehen von rein nationalen und unverbindlichen Bemühungen.
Damian Oettli, Leiter Märkte beim WWF Schweiz, sagt dazu: «Dieser Misserfolg ist mehr als eine verpasste Chance, er ist ein gefährliches Spiel mit der Gesundheit von Natur und Mensch. Nach fast drei Jahren Verhandlungen ist das schlichtweg inakzeptabel. Die Schweiz und andere ambitionierte Staaten müssen nun vorangehen und auf nationaler Ebene Massnahmen umsetzen, die die Plastikflut stoppen.» Und Joëlle Hérin, Fachexpertin von Greenpeace Schweiz, erklärt: «Wir brauchen ein starkes, rechtsverbindliches Abkommen, das die Plastikproduktion reduziert, die menschliche Gesundheit schützt, eine solide und gerechte Finanzierung gewährleistet und die Plastikverschmutzung von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung beendet.»
Gegensätzliche Forderungen
Auf der einen Seite stehen mehr als hundert Länder mit ehrgeizigen Zielen, die eine Beschränkung der Plastikproduktion auf nachhaltigem Niveau fordern. Dazu gehören Deutschland, die EU und Dutzende Länder in Südamerika, Afrika und Asien. Sie wollen Einwegplastik wie Becher oder Besteck aus dem Verkehr ziehen, Plastikprodukte zur Mehrfachverwendung und eine Kreislaufwirtschaft fördern. Erdölfördernde Länder wie Saudi-Arabien, Iran und Russland möchten sich weitgehend auf ein besseres Abfallmanagement beschränken.
Der Auftrag, den die UNO-Länder sich selbst im Jahr 2022 gegeben haben, war allerdings klar: Im Mandat heisst es, der Vertrag soll den ganzen Lebenszyklus des Plastiks umfassen, von der Produktion über das Design bis zur Entsorgung. Der Konferenzvorsitzende Luis Vayas Valdivieso hatte einen Last-Minute-Vertragsentwurf vorgelegt. Doch die Empörung Dutzender Länder darüber war gross. Aus dem Vertragsentwurf waren praktisch alle ehrgeizigen Ziele und Auflagen für Regierungen gestrichen worden. Selbst die Erdöl fördernden Länder waren nicht zufrieden: Saudi-Arabien kritisierte im Namen der Gruppe andere Paragrafen, welche etwa die Forschung an Plastikalternativen oder eine Haftung von Plastikproduzenten empfahlen.
Steigende Plastikproduktion
Plastik vermüllt und vergiftet die Umwelt, tötet Fische und andere Lebewesen und gefährdet die menschliche Gesundheit. Kleinste Partikel werden vermehrt in Organen und auch im Gehirn gefunden. Die Nano- und Mikroplastikpartikel beeinträchtigen laut Studien unter anderem das Immunsystem, können sich in Arterien absetzen und fördern Entzündungen.
In Flüssen und Ozeanen haben sich gemäss Schätzungen weltweit 152 Millionen Tonnen Plastikabfälle angesammelt. Plastikfasern in verschiedenen Formen und Grössen werden auch via Luftströmungen transportiert.
Seit 35 Jahren steigt der weltweite Plastikverbrauch stetig an. Im Jahr 2019 wurden gemäss Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD 460 Millionen Tonnen Plastik produziert. Ohne Abkommen wird bis 2040 praktisch eine Verdoppelung der jährlichen Plastikproduktion erwartet, bis 2060 eine Verdreifachung.