Vor wenigen Tagen stellte die Plattform Labelinfo.ch ein neues Labelrating vor. Anhand von Beispielen aus dem Tätigkeitsbereich von fair-fish (bionetz.ch-Mitglied) untersucht und erläutert Co-Präsident Billo Heinzpeter Studer die Hintergründe. In seinem Gastkommentar zieht er eine kritische Bilanz.

Die Plattform «Labelinfo.ch» tritt seit Mitte März in neuen Kleidern auf
und verheisst «Durchblick im Label-Dschungel». Der Verein fair-fish unterzog
diese Behauptung einem Test im Produktbereich Fische und kommt zum Schluss: Labelinfo.ch mangelt es an Kompetenz, an Sorgfalt und womöglich an Neutralität.

Das älteste Fisch-Label überhaupt ist «Dolphin Safe» (DS). Es wurde 1986 von
der renommierten US-amerikanischen Umweltorganisation Earth Island Institute
ins Leben gerufen, um Thunfischereien auszuzeichnen, die den Beifang von Delfinen und andern Meerestieren ausschliessen. DS ist bis heute das erfolgreichste
Fisch-Label, mit einem Marktanteil von praktisch 100 Prozent bei Dosenthon.
Dementsprechend ist der Beifang von Delfinen praktisch verschwunden. Nebst
Kontrollen des Warenflusses sind Beobachter an Bord und in den Häfen seit langem
selbstverständlich, während sie bei den meisten andern Fisch-Labels noch
immer fehlen.

Widersprüchlich und unsorgfältig

Wie Labelifo.ch dazu kommt, die Leistung von DS durchwegs schlecht zu benoten,
ist nicht nachvollziehbar. Das erinnert unangenehm an eine frühere Label-
Broschüre des WWF, in welchem er DS als «nicht empfehlenswert» beurteilt hatte.
Nach massiver Kritik schob der WWF später als gewundene Begründung nach,
das Label DS habe auf dem Markt «keine Unterscheidungskraft mehr», weil es ja
kaum mehr Dosenthon ohne dieses Label gebe. Der WWF hat später kleinlaut auf
eine weitere Bewertung dieses Labels verzichtet.

Das alte, auf der WWF-Website nicht mehr zu findende Negativ-Urteil wird nun
aber von Labelinfo.ch zitiert, nebst einem positiven Urteil der deutschen Verbraucher-Initiative. Dessenungeachtet kommt Labelinfo.ch zu einem ausschliesslich negativen Urteil; warum, bleibt vollkommen schleierhaft. Dass Details zum Labelsystem von DS auf Labelinfo.ch in Französisch präsentiert werden, zeugt zudem nicht gerade von Sorgfalt bei der Fütterung der Datenbank.

Einseitige Beurteilung

Ähnlich merkwürdig ist die eher geringschätzige Beurteilung des international
führenden Labels «Friend of the Sea» (FOS) für Wild- und für Zuchtfische. Auch
hier fällt eine gewisse Übereinstimmung mit dem WWF auf, dessen LabelBroschüre
FOS auf die unterste Stufe «Besser als kein Label» stellt. Die WWFBeurteilung
ist zudem die einzige Bewertung von dritter Seite, welche Labelinfo.ch bei FOS zitiert.

Positiver beurteilt Labelinfo.ch dagegen die beiden vom WWF massiv geförderten
Labels MSC (Wildfisch) und ASC (Zuchtfisch). Das ist sehr merkwürdig, weil alle
unabhängigen Benchmark-Studien, welche nicht im Auftrag des WWF durchgeführt
wurden, FOS mindestens gleich gut wie MSC und ASC bewerten.

Man fragt sich schon, auf welcher Grundlage Labelinfo.ch zu einem andern
Schluss kommt als internationale Experten, denen grössere Ressourcen für spezifische Vergleiche im Fischbereich zur Verfügung stehen.

Fehlende Expertise

Labelinfo.ch fehlt offenbar die nötige Expertise, zumindest dann, wenn es um
Fisch-Labels geht. Interessant ist etwa, dass laut Labelifo.ch viele Fisch-Labels
angeblich das Tierwohl berücksichtigen. Doch MSC, ASC, FOS, Coop Naturplan,
Naturland-Wildfisch, AquaGAP und Global G.A.P. haben allesamt nicht einen einzigen Satz in ihren Richtlinien festgelegt, welcher die Produzenten zu mehr Rücksicht auf das Leiden der Fische verpflichten würde. Etwas anders sieht es bei den Bio-Labels für Fischzucht aus, wobei deren Auflagen zugunsten des Tierwohls
untereinander verschieden und teilweise diskutabel sind.

Das einzige Fisch-Label mit strengen Vorschriften fürs Tierwohl wie auch für einen
Fairen Handel wird von Labelinfo.ch nicht mehr berücksichtigt: fair-fish. Dass
fair-fish aus der Labelinfo-Liste gelöscht wird, ist nachvollziehbar: Fische mit fairfish-
Auszeichnung sind nicht auf dem Markt, weil bisher kein Vermarkter sich
dafür engagieren will.

Als der Verein fair-fish von Labelinfo.ch über die Löschung informiert worden
war, bot er als ein vom Markt unabhängiges Kompetenzzentrum seine fachliche
Mithilfe beim Ausbau der Label-Datenbank an. Dass diese Hilfe nicht beansprucht
wurde, wirft Fragen auf. Woher nimmt Labelinfo.ch die Kompetenz? Wer gibt den
fachlichen Input, und nach welchen internen Gesichtspunkten wird er verwertet?
Wer unterstützt und wer kontrolliert Labelinfo.ch? Die Transparenz, die von Labels
zu recht verlangt wird, ist bei Labelinfo.ch selber zumindest unklar.

Quellen, Informationen, Kontakte:

 

 

 

 

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