- 14. Oktober 2009
- Nachrichten | Branchen-News
Tagungsbericht vom 23.08.2009 in Basel
KonsumentInnen kaufen Bioprodukte, weil sie sie als gesünder ansehen, nicht weil sie eine ökologische Landwirtschaft unterstützen wollen. Das ist schwarz-weiss formuliert, aber von der Tendenz her zutreffend. Bei Fairtrade-Produkten stehen altruistische Motive hingegen im Vordergrund. Und bei Fisch?Sensibilisierung ist in diesem Bereich gewiss schwieriger. Als Binnenländer sind uns die Meere fern, wir essen eher wenig Fisch, und wenn wieder einmal, dann darf man sich doch etwas Gutes erlauben – oder nicht? Und dass das zwischenhinein genossene Thon-Sandwich eben auch etwas mit Fisch zu tun hat, einem bedrohten notabene, fällt vielleicht gar nicht so auf.
Hier haben sich Umweltorganisationen wie der WWF eine grosse Aufgabe vorgenommen. Der WWF übernimmt die Rolle des “Verkäufers von Ideen und Erkenntnissen”. Diese sollen Verhaltensänderungen bewirken. Der WWF publiziert Listen, auf denen z.B. zu sehen ist, dass man den leckeren, grillierten Schwertfisch im sizilianischen Restaurant besser nicht bestellt und dass man auch an der Thunfischaktion im Coop vorbeigehen sollte.
(Link WWF-Einkaufsratgeber Fische und Meeresfrüchte www.wwf.ch/de/tun/tipps_fur_den_alltag/essend/fisch/fischfuhrer) Grund in jedem Fall: die Bestände sind bedrohlich reduziert. Solches konnte man an der WWF-Fachtagung „Welcher Fisch darf auf den Tisch?“ am 23. August in Basel lernen.
Der WWF versucht dort anzusetzen, wo am ehesten Multiplikator-Effekte zu erwarten sind. Wenn Handel und Gastronomie sich die Probleme zu Herzen nehmen, besteht die Chance, auch KonsumentInnen und Gäste zu erreichen.
Die Meeresbiologin Monica Biondo (rechts im Bild) führte den TeilnehmerInnen die aktuelle Situation der Fischerei und Meeresfauna eindrücklich vor Augen. Mariann Breu vom WWF knüpfte daran an und informierte über die Anstrengungen der Umweltorganisation. Beide konnten auf moralisierenden Unterton verzichten. Die Fakten sprechen gegen das Raubtier Mensch und für das Ökosystem Meer.
Berichte aus der Praxis von Produktion, Handel und Gastronomie teilten sich weitere vier ReferentInnen: Franco Romanelli von der Marinex SA, Marcel Baillods von der Blausee AG, Sabine Hagg, Küchenchefin der Ita Wegman Klinik und Arthur Eikel, Küchenchef des gastgebenden Restaurants Spitz / Hotel Merian in Basel.
Nach der lebendigen Präsentation von Marcel Baillods mochte man sich fragen: wozu braucht es überhaupt noch (gefährdeten) Meerfisch, wenn die Blauseeforelle in so mannigfacher Weise zubereitet werden kann?
Baillods hatte einen Teil der Antwort bereits gegeben: Blausee kann längst nicht so viel produzieren, wie der Markt aufnehmen würde. Arthur Eikel ist für die Produktion eines bekannten und ausgezeichneten Fischrestaurants verantwortlich. Von allen ReferentInnen trat er am deutlichsten als Gastro-Praktiker in Erscheinung. Entsprechend viele Fragen hatte er zu beantworten. Einerseits ist er in einer privilegierten Situation, weil er grosse Mengen einkauft und verarbeitet. Damit stehen ihm Beschaffungsmöglichkeiten zur Verfügung, die kleineren Abnehmern verschlossen bleiben. Andererseits hat er Gourmet-Bedürfnisse zu befriedigen, die nicht problemlos mit einer eingeschränkten Produktliste zu vereinbaren sind.
Die Fragen nach den einzelnen Referaten und v.a. am Schluss zeigten, dass Praktiker-Information und -Beratung besonders gefragt sind. Dafür war an dieser Tagung etwas zu wenig Raum. Immerhin blieb die schöne Möglichkeit, nach dem ausgezeichneten Fischhäppchen-Buffet zum Abschluss der Tagung für weiterführende Gespräche auf der sonnigen Terrasse am Rhein sitzen zu bleiben.Unter „Ziele der Tagung“ war u.a. aufgezählt: „Die Teilnehmenden kennen die Labels MSC und Bio und deren Grundsätze.“ Es war deshalb zu erwarten, dass die Frage nach anderen Labels gestellt wurde. Auch wenn der WWF gute Gründe für diese Entscheidung anführen mag, kennen Interessierte weitere Namen wie fish4future oder fair-fish eben auch und möchten über Unterschiede und Gemeinsamkeiten informiert werden.
Diese Information blieb auf der Strecke. Sie kann am 4. September an der bionetz.ch-Tagung nachgeholt werden.
Matthias Wiesmann, bionetz.ch