Die Grünen haben an ihrer Delegiertenversammlung die Ja-Parole zur Trinkwasserinitiative beschlossen. Damit bahnt sich ein Kampf gegen einen einstigen Weggefährten, den Verband Bio Suisse, an. Dieser empfiehlt nämlich, die Trinkwasser-Initiative abzulehnen.

Trinkwasserinitiative grüne LandwirtschaftDie Trinkwasser-Initiative weist einen Weg, die Produktion unserer Lebensmittel so zu verändern, dass sie im Einklang mit Natur und Umwelt ist. Bild: Tim Sullivan auf Picography

Fausta Borsani/ Der Vorstand von Bio Suisse empfiehlt den Delegierten, die Trinkwasser-Initiative abzulehnen. Das «eigentlich gut gemeinte Anliegen» des Trinkwasserschutzes führe laut Bio Suisse Vorstand dazu, dass mehr billige Lebensmittel aus belasteten Auslandsproduktionen importiert würden. Zudem nehme die Initiative «einseitig die Landwirtschaft in die Pflicht», nicht aber Industrie, Firmen und Privatpersonen, sagt Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli. Auch bedrohe die Initiative viele Biohöfe, weil sie verlange, ein Bauer dürfe nur noch so viele Tiere halten, wie er mit selbst produziertem Futter versorgen könne.

Die Trinkwasserinitiative gibt Biolandwirt*innen eine bessere Perspektive

Aus der Argumentation des Vorstandes des Bio-Bauern-Verbandes spricht Sorge um die Zukunft der Biobäuerinnen und Biobauern. Sie ist verständlich, aber die Argumentation ist kurzsichtig. Denn gerade die Annahme der Trinkwasserinitiative würde es möglich machen, dass Landwirt*innen in der Schweiz – mit einer Übergangsfrist von acht Jahren notabene, endlich im Einklang mit der Natur wirtschaftlich produzieren. Dank der Übergangsfrist haben Landwirt*innen genügend Zeit für die nötige Umorientierung. 

Mehr Hilfen für die ökologische Landwirtschaft

Die Initiative bindet die aus unseren Steuergeldern finanzierten Direktzahlungen an einen nachhaltigen, ökologischen Leistungsausweis. Die Initiative fordert aber auch, dass der Bund nur noch eine ökologisch ausgerichtete Forschung, Beratung und Ausbildung unterstützt sowie für die Zielerreichung Investitionshilfen gewährt. Damit sind die Voraussetzungen für eine zukunftsgerichtete, umwelt- und trinkwasserfreundliche Lebensmittelproduktion gegeben. Nebst den Direktzahlungen erhalten Landwirt*innen also zusätzlich Unterstützung durch Wissenschaftler*innen und Berater*innen. Und sie bekommen auch Geld um die nötigen Investitionen zu tätigen.

Warum nicht zuerst die anderen?

Die Gegner*innen der Trinkwasserinitiative beklagen sich, dass Private und Industrie nicht zur Rechenschaft gezogen werden, bedenken aber nicht, dass 90 Prozent der Pestizide in der Landwirtschaft ausgebracht werden. Eine durch unsere Steuern hochsubventionierte Schweizer Landwirtschaft, die kein einziges ihrer Umweltziele erreicht. Zusätzlich zu den Direktzahlungen (2.8 Milliarden Franken) unterstützt der Bund die Produktion und den Absatz landwirtschaftlicher Produkte mit Finanzhilfen. Sogar der Pestizideinsatz ist subventioniert: Der Mehrwertsteuersatz für synthetische Pestizide beträgt 2,5 Prozent statt normal 7,7 Prozent! Scheint also logisch dort anzusetzen, wo man bereits viel Geld investiert und am meisten verändert werden kann.

Futtermitteltausch und -zukauf bleiben weiterhin möglich

Laut einem bereits im Mai 2019 veröffentlichten Gutachten ist es nach der Umsetzung der Initiative weiterhin möglich, Futtermittel regional zu verkaufen und zuzukaufen, denn der Satz «(…) ernährt werden kann» aus dem Initiativtext heisst nicht, dass der Tierbestand mit dem auf dem eigenen Betrieb hergestellten Futter ernährt werden muss. Er heisst vielmehr, dass es für die Erfüllung der Anforderungen der Trinkwasserinitiative theoretisch möglich sein muss, das Futter für die Tiere auf dem eigenen Betrieb herzustellen.

Weniger Nutztiere, mehr Natur

Sinn und Zweck der Initiativforderung zu den Tierbeständen ist es, diese auf eine bodenabhängige Produktion zu begrenzen, um die zu hohen Nitratwerte im Grundwasser und den Nitrat- und Phosphorgehalt in den Gewässern zu reduzieren. Zudem wirkt die Begrenzung der viel zu hohen Tierbestände der Versauerung und Überdüngung unserer Wälder, Moore, Naturschutzgebiete und Magerwiesen entgegen und begrenzt Umweltprobleme auch dort, wo das importierte Futter angebaut wird (Regenwald).

Billige Importlebensmittel?

Auch die Behauptung, die Annahme der Initiative führe zum Import von mehr billigen Lebensmitteln ist tendenziös und lässt einige Fakten ausser acht: Einerseits hat das Schweizer Volk im September 2017 die «Ernährungssicherheitsinitiative» des Bauernverbandes in die Verfassung verankert. Der neue Verfassungsartikel (Art. 104a) fordert … «grenzüberschreitende Handelsbeziehungen, die zu einer nachhaltigen Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft beitragen». Der Bund muss also dafür sorgen, dass nur noch nachhaltig produzierte Lebensmittel importiert werden. Dies kann für viele Länder, die Lebensmittel nachhaltig produzieren, wie zum Beispiel Bio-Rohrzucker aus den Tropen, eine Chance auf faires Einkommen sein. Andererseits reduziert die Annahme der Initiative die Auslandsabhängigkeit massiv, weil eben der Futtermittelimport, auf dem die heutigen extrem hohen Tierzahlen gründen, entfällt. 

Ein probates Mittel gegen mehr importierte Lebensmittel wäre übrigens einfach die Vermeidung von Foodwaste – heute schmeissen wir einen Drittel der Lebensmittel weg.

Kommentar von Fausta Borsani

Ich hoffe sehr, dass die Delegierten von Bio Suisse an der Delegierten-Versammlung vom 11. November 2020 die JA-Parole zur Trinkwasserinitiative beschliessen. Ich hoffe es für die sympathischen Biobäuerinnen und Biobauern der Schweiz, die schon lange beweisen, dass eine pestizidfreie, tierfreundliche und ökologische Landwirtschaft möglich ist. Ich vermute, dass dies der Wunsch der allermeisten Konsument*innen ist. Viele Bio-Landwirt*innen unterstützen die Trinkwasserinitiative tatkräftig.

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