- 15. Dezember 2015
- Nachrichten | Branchen-News
Wer sät, der erntet – oder doch nicht? So lautet der Titel des Buches von Fausta Borsani und Thomas Gröbly, das vor kurzem im Stämpfli Verlag erschienen ist. Wir haben die Buchpremiere besucht und das spannende Buch gelesen.
Markus Johann - Es hat genug zu essen für alle, und doch hungert eine Milliarde Menschen. Die Kontrolle über Boden, Wasser, Saatgut und Ernten durch wenige Akteure nimmt weltweit zu. Der Agrarfreihandel verschärft die Probleme zusätzlich. Dies ist die Ausgangslage, der Fausta Borsani und Thomas Gröbly in ihrem Buch «Zwischen Faitrade und Profit: Wer sät, der erntet – oder doch nicht?» begegnen. Zusammen mit weiteren Fachleuten gehen sie den Fragen nach den ökonomischen Machtverhältnissen und der demokratischen Mitsprache nach. Dabei analysieren sie ohne Denkbarrieren und ohne Schuldzuweisungen die zunehmende Machtkonzentration, die Ernährung und Demokratie gefährdet. Dies obwohl das Menschenrecht auf Nahrung und die Mitbestimmung aller nicht verhandelbar sind. Ziel sind eine gewaltfreie Lebensmittelproduktion und ein Handelssystem, die mithelfen, Armut und Hunger zu beenden. Denn der Missbrauch von Macht gegenüber Menschen, Tieren und der Natur wird insgesamt als Gewalt erfahren.
Freihandel nie zugunsten der Entwicklungsländer
Das Buch umfasst neben Beiträgen von Fausta Borsani und Thomas Gröbly die ganz unterschiedlichen Sichtweisen von zwölf weiteren Autor/-innen, die sich mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Wie fast immer bei solchen Themen präsentieren auch sie keine einfache Patentlösung. Sie schildern im Buch jedoch einzelne Lösungsansätze. Thomas Gröbly erwähnt beispielsweise in seinem Kapitel, weshalb es unbedingt eine Demokratisierung des Ernährungssystems braucht und möglichst viele Menschen, die dabei eigenverantwortlich anpacken. Im Fokus steht für ihn dabei das System von Via Campesina, bei dem das Menschenrecht auf Nahrung umgesetzt und die lebenswichtigen Ressourcen wie Boden, Wasser, Saatgut und das Klima geschützt werden. Doch genau dort stehen Agrokonzerne, Politik und Finanzorganisationen gezielt auf die Bremse. Eindrücklich schildert auch Ulrike Herrmann, Wirtschaftskorrespondentin der Berliner Tageszeitung taz, weshalb der Freihandel immer zu Nachteilen für die Entwicklungsländer führt und stets zum Vorteil der Industrieländer ausfällt. War das Gefälle zwischen sogenannten Industrie- und Entwicklungsländern im 18. und 19. Jahrhundert (Grossbritannien war damals das einzige Industrieland Europas; die Schweiz ein Entwicklungsland) ca. 1:2, so beträgt diese Schwelle heute bereits 1:30 bis 1:60. Diesen Rückstand könnten die Entwicklungsländer in einem System, wo sich die Industrieländer dermassen im Vorteil befinden, unmöglich jemals wettmachen.
Die Kollateralschäden tragen die Steuerzahler
Der globale Markt sei schuld an Armut und Hunger – so Fausta Borsani gleich zu Beginn in ihrem Kapitel. Als Grund nennt sie, dass der Nahrungsmittelmarkt wiederum zum Vorteil der reichen und zum Nachteil der armen Länder sehr stark reguliert sei. Der Markt sei ausserdem dafür verantwortlich, weil die wahren Kosten des Produktes sich nicht im Preis ausdrücken würden. Die Profite würden dabei die Aktionäre der multinationalen Unternehmen einsacken. Die Kollateralschäden der Wirtschaft trügen jedoch stets die Steuerzahler und nicht die Käufer von Dünger, Agrochemikalien und Aktien. Markus Arbenz, der Geschäftsführer der IFOAM (weltweiter Zusammenschluss der Bioverbände) weist in seinem Kapitel darauf hin, dass es unbedingt eine neue Ernährungsdemokratie brauche. Denn wo Bäuer/-innen unabhängiger von zugekauften Betriebsmitteln wie Dünger, Pestiziden und Saatgut würden, würden sie an Selbstbestimmung gewinnen. Die biologische Landwirtschaft arbeite weltweit vor allem mit lokalen Ressourcen und könne auch für die ärmeren Länder ein Weg aus der Armut sein.
Ein Buch für unter den Weihnachtsbaum
Einzelne Kapitel des Buches lesen sich so spannend wie ein Krimi. Bei der Lektüre können jedoch auch Gefühle von Wut und Frustration aufkommen. Zum Glück sind auch positive Beispiele und Lösungsansätze enthalten. Denn sonst wären die Lesenden am Schluss ziemlich ratlos. So bleibt die Hoffnung erhalten, dass wir mit unserem Verhalten etwas bewirken können. Ein gutes und empfehlenswertes Buch, auch für unter den Weihnachtsbaum!