Ich verabschiede mich. Anlässlich der kommenden bionetz.ch-Jahresversammlung am 13. März werde ich aus dem Vorstand zurücktreten. Die News-Arbeit hat Peter Jossi Anfang Februar bereits übernommen. Mir bleibt, Rückschau zu halten.

Die Bioszene (Detailhandel, Grosshandel und teilweise Verarbeitung) ist ein Strauss von Einzelinitiativen, das Werk von Individualisten. Die meisten waren und sind der Welt der Ideen und Überzeugungen stärker verbunden als der Welt der Wirtschaft. (Dass auch Wirtschaftsunternehmen  „Identity“ brauchen, wurde erst in jüngerer Zeit entdeckt.) Kennzeichnender für die Welt der Wirtschaft ist Pragmatismus: man kooperiert, wo es zweckmässig ist. Solches Zweckmässigkeitsdenken ist vielen Bioakteuren fremd, wenn nicht gar verdächtig. Denn man ist ja angetreten, um einer Überzeugung in der Welt Geltung zu verschaffen. Kleine Überzeugungsunterschiede können schon als Welten empfunden werden; zum Beispiel der Unterschied zwischen Bioladen und Reformhaus. Entsprechend schwierig gestalteten sich Versuche der Zusammenarbeit.

Der wohl erste, der Ladenleute bereits in der ersten Hälfte der 80-er Jahre zu Gesprächen eingeladen hat, war Hanspeter Bühler, damals noch vom Kornhaus Vogelsang aus (später Vanadis). Das Thema Ernährung stand im Mittelpunkt. Es wurden aber auch andere, gemeinsam interessierende Fragen diskutiert. Aus diesem Kreis heraus entstand noch in den 80-er Jahren der erste Bioladen-Verband mit Namen HAGENA. HAGENA wollte wirklich ein Verband werden und für Läden gewisse Standards formulieren. Die Gemeinsamkeiten waren nicht gross genug. Der Verband löste sich auf.

Mitte der 90-er Jahre formierte sich eine neue, von Grosshandelsvertretern mitgetragene Initiative, welche die Beratungs- und Ausbildungsbedürfnisse im Fokus hatte. Sie schlüpfte in den Aktienmantel des verkauften Badener Ladens Casa Verde AG. Allerdings konnte niemand ausreichend Zeit in den Aufbau investieren, sodass diese Gesellschaft schliesslich liquidiert wurde.

Eine weitere Initiative versuchte Grosshandel und Verarbeiter in einem Verband zusammenzuführen, der „IG bio“. Als Voraussetzung formulierten die Initianten, einen Verband erst dann zu gründen, wenn mindestens 100 Mitglieder für eine Mitgliedschaft bereit sind. Diese Gründung war bewusst ohne Fachhandel beabsichtigt. Es waren etwas mehr als 90 Interessierte. Ziel nicht erreicht – also wurde die Gründung abgeblasen.

Kurz danach kontaktierte mich Reto Baudenbacher, damals Mitarbeiter des Chornlade in Zürich. Es ging darum, eine Website zu lancieren. Kurz zuvor hatte sich der Demeter-Verband konstituiert, der sich aus Delegierten der Branchenorganisationen zusammensetzt (Produzenten, Handel/Verarbeiter, KonsumentInnen). Ich war kooptierter, nicht von einem Verband gewählter Vertreter des Handels. Für das Delegieren brauchte es ja einen Verband. So spannten Reto Baudenbacher und ich zusammen, um eine Bioplattform auf der Basis eines Vereins, der die Funktionen eines Verbands entwickeln sollte, zu gründen. Die Statuten der kurz zuvor aufgegebenen IG bio wurden etwas angepasst. Thomas Vatter und Peter Jossi stiessen als Vorstandsmitglieder hinzu. bionetz.ch wurde gegründet (14. Januar 2000). Hilfreich bei dieser Gründung war der kollektive Beitritt von Bifaz, der Zürcher Bioladengruppe. Aber auch mit bionetz.ch war es nicht möglich, für und mit dem Biofachhandel branchenweit etwas zu unternehmen, was man wirklich als Branchen-Kooperation bezeichnen könnte. bionetz.ch blieb mehr oder weniger die allerdings immer stärker frequentierte Internetplattform. Auch wurde bionetz.ch nie Plattform für die Wahl von Demeter-Delegierten. Der Verband kooptiert die Handels- / Verarbeitungsmitglieder ohne „Wahlvolk“.

Was nicht war, kann werden. Nicht selten ist es der Rückzug der Pioniere, der neue Entwicklungsperspektiven überhaupt erst öffnet. Die Entwicklung von BioPartner in den letzten Jahren ist dafür ein gutes Beispiel.

Ich wünsche dem Vorstand, der am 13. März mit Bisherigen und Neuen neu gewählt wird, alles Gute.

Matthias Wiesmann

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