- 03. Januar 2023
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Reformhaus Müller schliesst per 3. Januar 2023 sämtliche Filialen in der Schweiz. Die KundInnen werden mittels Plakaten über die Schliessung informiert. Schuld am Firmenkonkurs sind weniger Einkäufe.
Der Verwaltungsrat hat die Bilanz der Gesellschaften Müller Reformhaus Vital Shop AG und Natural Power Distribution AG deponiert. «Die Stimmung beim Personal ist gefasst», sagt Mischa Felber, Geschäftsführer. Betroffen sind knapp 300 Mitarbeitende in 37 Filialen in 17 Schweizer Städten. Der Grund für die Pleite: Überschuldung. Die Kundenfrequenzen in der gesamten Branche seien rückläufig, sagt Mischa Felber. «Wir haben seit 2016 50 Prozent der Kundschaft verloren.» Die Pandemie hat den Niedergang noch verschärft. Seither kaufen die Leute vermehrt online ein. Weil sie im Homeoffice bleiben, fehlt auch die Laufkundschaft. Im zweiten Halbjahr 2022 habe sich der Einbruch weiter zugespitzt. «Uns ging der Schnauf aus», so Felber.
Die Kundinnen hätten in den letzten Jahren vermehrt auf den Preis geschaut. «Täglich wurden unsere Mitarbeitenden mit der Aussage konfrontiert, dass unser Angebot zu teuer sei.» Felber führt aus, dass man mit den Tiefpreisen der Konkurrenz schlicht nicht mithalten konnte.
Kommentar von bionetz.ch Geschäftsleiter Markus Johann
Ein Niedergang mit Ansage
Mag sein, dass in den letzten Monaten vor allem die sinkenden Umsätze in den Filialen den Ausschlag für den Untergang gegeben haben. Aber die Ursachen für diesen Niedergang sind gravierende Fehlentscheidungen, die schon vor Jahren getroffen wurden. Damals wurden teils langjährige Hauptlieferanten aus dem Sortiment genommen, weil sie die hohen Margenanforderungen der damaligen Geschäftsleitung nicht erfüllen wollten oder auch konnten. Die Lieferanten wurden damals dermassen unter Margendruck gesetzt, dass sie nicht mehr mithalten konnten. So wurden wichtige und traditionelle Schweizer Lieferanten mit ihren Sortimenten durch ausländische ersetzt. Die Kundinnen in den Läden wurden dann einfach aufgefordert, zum Beispiel an Stelle von einem Demeter Mehl aus Schweizer Produktion auf ein Demeter Mehl aus dem Ausland auszuweichen. Dies mit dem Argument, Mehl sei ja Mehl und der Verkaufspreis sei jetzt erst noch günstiger. Gewisse Stammlieferanten waren von den Änderungen dermassen betroffen, dass sie sogar ihre Geschäftstätigkeit aufgeben mussten. Und, die Ironie der Geschichte – ca. zwei Jahre nach der Sortimentsumstellung musste die Geschäftsleitung einsehen, dass der Sortimentswechsel gravierende negative Auswirkungen auf die Umsätze hatte. Man kehrte wieder weitestgehend zu dem «alten» Sortiment zurück. Dass solche kurzsichtigen Entscheide auch grosse Auswirkungen auf die Umsetzungskosten, das Personal und die Umsätze hatten, ist ein weiterer, wichtiger Punkt.
Zudem wurden in den letzten Jahren immer mal wieder Läden oder kleinere Ladengruppen übernommen, wie z.B. die Ruprecht Reformhäuser in Bern. Sicherlich lobenswert, dass die Geschäftsleitung versuchte, den Läden mit einem neuen Marktauftritt wieder Schwung zu verleihen. Unverständlicherweise wurde dabei jedoch am Begriff «Reformhaus» festgehalten. Alles in allem gesehen also ein Schiffbruch, der sich nicht erst seit gestern angekündigt hat. Für den Bio-Fachhandel in der Schweiz ist das natürlich kein gutes Zeichen. Glücklicherweise gibt es jedoch immer noch positive Beispiele. So die BachserMärt Ladenkette mit sechs Läden im Kanton Zürich oder einzelne Bioläden an guter Lage und mit einem guten Konzept, die sich trotz schwierigem Marktumfeld positiv entwickeln.